Chancen im Pellerhaus nicht verbauen

Das prächtige Nürnberger Pellerhaus (1898, koloriert). | Foto: Altstadtfreunde Nürnberg e.V./Archiv
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Kritik der Altstadtfreunde e.V. an den Plänen für ein Kinder- und Jugendhaus im Pellerhaus: Nur ein Eingang sowie immense Kosten für den Brandschutz

NÜRNBERG (pm/nf) - Das ehemals weltberühmte Pellerhaus am Egidienplatz ist wieder ins öffentliche Interesse gerückt. Soll es mit Millionenaufwand in seinem jetzigen Zustand saniert werden oder ist es nicht sinnvoller, die prächtige Renaissance-Fassade zu rekonstruieren? Auf diese Fragen gehen die Altstadtfreunde bei ihren Führungen am 9. April ein und zeigen natürlich auch den Fortschritt der Bauarbeiten im Hof.

Im Pellerhaus bewegt sich was: Die Stadt will das untergenutzte Gebäude aus den 1950er Jahren füllen. Neben weiterer Kulturnutzung soll dort ein Kinder- und Jugendtreff beheimatet und an das schon bestehende Deutsche Spielearchiv angedockt werden. Die Altstadtfreunde haben das Pellerhaus seit Beginn der Rekonstruktionsarbeiten im Hof durch vielfältige Veranstaltungen als Kulturort entwickelt. Insofern begrüßen sie Ansiedlung weiterer Kulturinstitutionen. Kritisch sehen sie allerdings das angedachte Kinder- und Jugendhaus. Der gesamte Pellerhauskomplex hat nur einen Eingang. Konflikte sind damit vorprogrammiert.

Vor allem fehlt eine Freifläche, denn der kleine unbebaute Bereich an der Tetzelgasse sollte nach Abschluss der Bauarbeiten wieder eine öffentliche Grünanlage werden. Die Anwohner warten sehnsüchtig darauf. Bei genauerer Betrachtung entpuppen sich die Pläne der Stadt als unausgegorene Wunschvorstellung, wenn man doch weiß, dass das über Jahrzehnte vernachlässigte Bibliotheksgebäude schon allein wegen des Brandschutzes für Kosten, die einem Neubau entsprechen, saniert werden müsste. Und dann bleibt immer noch das Problem der vier Archivgeschosse, die mehr als die Hälfte des gesamten Raumangebots ausmachen. Nach der Bayerischen Bauordnung ist jegliche andere Nutzung ausgeschlossen.

Der Egidienberg gehörte vor dem Krieg zu den schönsten Plätzen unserer Stadt. Gesäumt von der barocken Egidienkirche und den Palästen der Patrizier öffnete sich der nach Norden ansteigende Platz dem Besucher und zog den Blick auf das zentral aufragende Pellerhaus, das mit seinem Giebel im Verein mit den Nachbarhäusern eine Art zweite Stadtkrone bildete. Und heute? Sicher, auch heute hat der Egidienplatz mit den äußerlich wiederhergestellten Bauwerken der Kirche, des Gymnasiums und des Tucherpalais seinen Charme. Mehr als deutlich springen aber auch die Defizite ins Auge: Schon am Entrée stößt der Besucher auf Glascontainer mit allen schmuddeligen Begleiterscheinungen. Weiter oben dominiert das Blech der abgestellten Fahrzeuge.

Wenn die Stadt nun Millionen in die Sanierung der maroden Substanz stecken will, muss es erlaubt sein, in alle Richtungen zu denken. Die Mayer’sche Fassade hat zweifellos architektonische Qualität, die ihr Denkmalcharakter verleiht, zeittypisch für die 1950er Jahre ist sie mit dem Tonnenabschluss und den eng gestellten Sandsteinpfeilern nur bedingt. Man muss den Architekten Fritz und Walter Mayer allerdings hoch anrechnen, dass sie die alte Eingangshalle rekonstruiert, den Treppenturm erhalten und den Hof konserviert haben.

Nach Meinung der Altstadtfreunde wird der Egidienplatz erst wieder an seine alte Grandezza anknüpfen können, wenn er seine architektonische Mitte zurück erhält: das Pellerhaus. Als Bauwerk von Weltgeltung blieb es immer in den Köpfen der Nürnberger erhalten. Seinen Verlust haben sie nie verschmerzt, mit seinem Platzhalter konnten sie sich nie anfreunden. Es ist an der Zeit, die Chancen des Umbruchs zu nutzen, und es wäre fatal, den heutigen Zustand für alle Zeiten zu konservieren.

Samstag, 9. April 2016
Baustellenbesichtigung: Der Pellerhof ... im Westen was Neues
11.00 - 15.00 Uhr, Führungen alle 30 Minuten
Treffpunkt: Egidienplatz, am Kaiser-Wilhelm-Denkmal.
Die Führungen sind wie immer kostenlos, die Altstadtfreunde freuen sich aber über Spenden.

Autor:

Redaktion MarktSpiegel aus Nürnberg

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