Ein großer Tag für die jüdischen Gemeinden

Glückliche Gesichter nach der Eröffnung (v.l.) Charlotte Knobloch, Joachim Herrmann, Daniela F. Eisenstein, Matthias Thürauf, Dr. Günther Beckstein und Alexander Küßwetter. | Foto: Victor Schlampp
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  • Glückliche Gesichter nach der Eröffnung (v.l.) Charlotte Knobloch, Joachim Herrmann, Daniela F. Eisenstein, Matthias Thürauf, Dr. Günther Beckstein und Alexander Küßwetter.
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SCHWABACH (vs) - Das war einer jener Abende, zu dem mancher wohl gerne das berühmte Goethe-Zitat verwendet hätte „Verweile doch, du bist so schön“: Im Rahmen eines Festabends ist am Dienstagabend die neue Dependance des Jüdischen Museums Franken in der Goldschlägerstadt für geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur eröffnet worden.

Damit ist in einem Bürgerhaus gegenüber der ehemaligen Synagoge ein kleiner Teil jenes einstmals stattlichen jüdischen Lebens in Schwabach wieder sicht- und erfahrbar, das durch die nationalsozialistischen Verbrecher für alle Zeiten hätte ausgelöscht werden sollen. Sichtlich betroffen zitierte Oberbürgermeister Matthias Thürauf in seiner Begrüßungsrede den Satz des 1938 eingesetzten Bürgermeisters „Damit ist auch Schwabach judenfrei“. Doch der Plan der Nationalsozialisten sei gottseidank nicht aufgegangen. Auch wenn es heute keine jüdische Gemeinde mehr in Schwabach gebe, so sei wenigstens wieder jüdische Kultur erlebbar. Bezirksrat Alexander Küßwetter, Erster Vorsitzender des Trägervereins Jüdisches Museum Franken e.V., freute sich, dass die Stadt Schwabach 2008 dem Trägerverein beigetreten sei und es zusammen mit Schnaitach und Fürth nun drei miteinander vernetzte jüdische Museen in Franken gebe, die als „offenes Haus für alle“ Geschichte vermitteln und Verständnis für die jüdische Kultur vermitteln sollen.

Unfassbare Verbrechen

Betroffenheit im Auditorium weckte der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann, als er einige Namen jener jüdischen Schwabacher Bürgerinnen und Bürger verlas, die dem Holocaust zum Opfer gefallen waren. Insgesamt wurden über 30 Schwabacher Juden ermordet, im Deutschen Reich waren es mehr als sechs Millionen. Wenn die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Dr. h.c. Charlotte Knobloch, sich sicher in Bayern fühle, sei dies für ihn auch eine Bestätigung der bayerischen Sicherheitspolitik. Herrmann versprach, auch künftig Antisemitismus in jeder Form - sei es von Neonazis oder militanten Islamisten - konsequent zu bekämpfen.

Jüdisches Leben erwacht

Der ehemalige Bayerische Ministerpräsident und Schirmherr des Jüdischen Museums Franken in Schwabach, Dr. Günther Beckstein, erinnerte daran, dass es einst über 500 jüdische Gemeinden in Franken gegeben habe. Er freue sich, dass in Nürnberg inzwischen wieder eine lebendige jüdische Gemeinde entstanden sei.

Betroffenheit und Mut

In ihrer zugleich herzlichen und nachdenklichen Rede erklärte Charlotte Knobloch eindrucksvoll die innere Zerrissenheit vieler Juden in Deutschland bis auf den heutigen Tag. Obwohl es seit Jahrhunderten ihre Heimat sei und sie sich für ihr Land unter anderem als Wissenschaftler und Patrioten verdient gemacht hätten, seien sie schutzlos dem Terror und der Vernichtung während des Nationalsozialismus ausgesetzt gewesen. „Das neue jüdische Museum in Schwabach soll auch eine Warnung sein vor der Zerbrechlichkeit von Demokratie und Zivilisation“, so Charlotte Knobloch. Im Dritten Reich habe die Ideologie des Hasses gesiegt. Doch Augenblicke, wie die Eröffnung des jüdischen Museums in Schwabach machten ihr Mut. Nach dem zweiten Weltkrieg seien viele Juden in Deutschland auf gepackten Koffern gesessen. Inzwischen hätten die meisten hier wieder eine neue Heimat gefunden. Aktuell gebe es in Deutschland 108 jüdische Gemeinden mit über 105.000 Mitgliedern.
Daniela F. Eisenstein, Museumsleiterin des Jüdischen Museums Franken, bedankte sich in ihrer Rede unter anderem beim Leiter des Stadtarchives Schwabach, Wolfgang Dippert: Er und sein Team hätten sie vorbildlich bei der Suche nach Dokumenten und Quellenmaterial unterstützt. Musikalisch umrahmt wurde der Abend durch das Streichquartett der „jungen Fürther Streichhölzer“, die mit heiteren Mozart-Divertimenti pure Lebensfreude in die nachdenklich gestimmte Eröffnungsfeier brachten.

Dank an Karl Freller

Großes Lob von allen Seiten gab es auch für den Direktor der Stiftung Bayerischer Gedenkstätten, Karl Freller (MdL), zu dessen Aufgabengebiet auch die KZ-Gedenkstellen Dachau und Flossenbürg gehören. Karl Freller kämpfe mit Leidenschaft und Nachdruck darum, dass die Erinnerungen an den Holocaust nicht vergessen werden. Frellers Anliegen, dies vor allem den jungen Menschen zu vermitteln, sei in höchstem Maße anerkennenswert.

Sonntag, 7, Juni, ist Publikumstag

Am Sonntag, 7. Juni, ist das neue Museum (Synagogengasse) von 12 bis 17 Uhr für jedermann geöffnet. Um 14 Uhr bietet Museumsleiterin Daniela Eisenstein eine Führung an. Um 15 Uhr erfolgt eine Wiederholung mit der stellvertretenden Museumsleiterin Verena Erbersdobler. Eine Anmeldung unter der Rufnummer 0911/770577 ist unbedingt erforderlich. Unter dieser Telefonnummer gibt es auch weitere Informationen unter anderem zu den Eintrittsgebühren.

Autor:

Redaktion MarktSpiegel aus Nürnberg

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