Nürnberg ist ein Ort der Zeitgeschichte

Dr. Ludwig Spaenle, Prof. Dr. Julia Lehner, Susanne Höhn, Prof. Neil Gregor, Prof. Dr. Charlotte Bühl-Gramer, Dr. Ulrich Maly in Brüssel (v.l.). | Foto: Philippe Veldeman
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  • Dr. Ludwig Spaenle, Prof. Dr. Julia Lehner, Susanne Höhn, Prof. Neil Gregor, Prof. Dr. Charlotte Bühl-Gramer, Dr. Ulrich Maly in Brüssel (v.l.).
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Diskussion über den kritischen Umgang mit europäischen Zeitgeschichte in Brüssel

NÜRNBERG (pm/nf) - Deutsche und internationale Zeitgeschichte ist im Nürnberger Stadtbild bis heute besonders deutlich sichtbar. Erstmals hat sich Nürnberg am gestrigen Donnerstag, 1. März 2018, in der Bayerischen Vertretung in Brüssel als europäischer Ort der Zeitgeschichte einem europäischen Publikum vorgestellt.

Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly und andere hochrangige Vertreter aus Politik und Kultur diskutierten über die Notwendigkeit eines gemeinsamen kritischen Umgangs mit der europäischen Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts, über zukunftsgerichtete historisch-politische Bildungsarbeit und darüber, welchen Beitrag Nürnberg angesichts der Krise der EU leisten kann. In einem angeregten Gespräch mit dem Publikum ging es auch um die Frage, welche Rolle die Erinnerungskultur bei der Nürnberger Kulturhauptstadt-Bewerbung spielen soll.Mit auf dem Podium saßen der Bayerische Staatsminister für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, Dr. Ludwig Spaenle, der englische Professor für Moderne Europäische Geschichte, Prof. Neil Gregor (Southhampton), und die internationale Kulturexpertin, EU-Beauftragte und Leiterin der Region Südwesteuropa für das Goethe-Institut, Susanne Höhn. Moderiert wurde die Diskussion von Prof. Dr. Charlotte Bühl- Gramer vom Lehrstuhl der Didaktik der Geschichte an der Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Die Veranstaltung wurde in Deutsch und Englisch aufgezeichnet und ist in der nächsten Woche unter www.nuernbergkultur.de zu finden.
Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly und Kulturreferentin Prof. Dr. Julia Lehner skizzierten die Phasen der Nürnberger Erinnerungsarbeit, deren Verankerung in der Bevölkerung sowie die baulichen und inhaltlichen Herausforderungen, vor denen Nürnberg mit der Sicherung des Reichsparteitagsgeländes und des Ausbaus von Dokumentationszentrum und Memorium Nürnberger Prozesse heute steht. Am Ort der Nürnberger Prozesse, so Dr. Ulrich Maly, werde die Geschichte von Schuld und Verantwortung des Einzelnen erzählt. „Es gibt keine Aussöhnung ohne Gerechtigkeit.“ Die Kultur der Gerechtigkeit sei ein gesamteuropäisches Thema, das in Nürnberg seinen Beginn nahm.
„Nürnberg schreitet mutig voran“, betonte Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle, es sei „maßstabsetzend“ im Umgang mit seiner eigenen Vergangenheit und habe es geschafft, das historische Erbe zukunftsgerichtet „zu wenden“. Er skizzierte die Herausforderungen angesichts des Endes der Zeitzeugenschaft, der Digitalisierung und gesamtgesellschaftlicher Tendenzen und forderte, die komplizierte und schwierige Geschichte des Ortes der Täter immer wieder zu erzählen. Nürnberg setzte damit gerade bei seiner Kulturhauptstadt-Bewerbung ein besonderes Zeichen in Brüssel. Er wünschte sich, seine Heimatstadt München würde sich mit diesen, in der Bearbeitung durchaus auch anstrengenden Fragen von europäischer Tragweite stärker mühen.

Kulturexpertin Susanne Höhn beschrieb die Frage des Umgangs mit der NS-Zeit als integralen Bestandteil der Arbeit des Goethe-Instituts, der Deutschland weltweit nach dem Krieg die Glaubwürdigkeit zurückgegeben habe. „Es geht um Authentizität, nicht die Konstruktion eines Schaufensters.“Englische Studenten stellen viele Fragen zu Rassismus, Nationalismus oder dem Anti-Demokratismus, berichtete Neil Gregor aus Southhampton. „Nürnberg ist eine geeignete Plattform, um über Antworten zu sprechen, aber auch darüber wie die Transition von einem Genozid zu einer Demokratie verlaufen kann.“
Nürnbergs kritischer und engagierter Umgang mit seiner NS- Vergangenheit, die Weiterentwicklung des Dokumentationszentrums und des Memoriums Nürnberger Prozesse und der progressive Ansatz einer zukunftsgerichteten historisch-politischen Bildungsarbeit stießen auf großes Interesse beim europäischen Publikum.
Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly berichtete über die Notwendigkeit der Erweiterung von Dokumentationszentrum und Memorium angesichts des stetig steigenden Interesses an den historischen Orten in Nürnberg. Das einst für 100.000 Besucherinnen und Besucher ausgelegte Dokumentationszentrum besuchen heute über 250.000 Menschen aus aller Welt jährlich. Er betonte, dass jede Generation immer wieder neue Fragen an ihre Geschichte stellt und Antworten sucht.

Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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