Bürgerentscheid am Sonntag: ,,Wir verkaufen unsere Heimat nicht für Geld“

Monika Schenk Gräfin von Stauffenberg richtete einen flammenden Appell an die Zuhörer, dem geplanten Windradpark nicht zuzustimmen. | Foto: Nicole Fuchsbauer
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REGION/ HEILIGENSTADT – Am kommenden Sonntag, 20. Juli 2014, ist es soweit. Mit dem Bürgerentscheid ,,Stoppt Windräder in Landschaftsschutzgebieten und in der Nähe von Wohnhäusern“ entscheiden die Bürger jetzt darüber, ob der von der Gemeinde geplante Windradpark auf einer Fläche von circa 180 Hektar mit acht Anlagen in einer Höhe von 200 Metern entstehen soll. 140 Hektar des Windparks stehen dann allerdings im Landschaftsschutzgebiet Fränkische Schweiz-Veldensteiner Forst. Die Windanlagen sind etwa 2.000 Meter von Schloss Greifenstein, 1.200 Meter von Hohenpölz und 900 Meter von Brunn entfernt. Die Entfernungsangaben gab der Markt Heiligenstadt bekannt.
Mittlerweile verabschiedete der Wirtschaftsausschusses im Bayerischen Landtag einen Gesetzentwurf über die ,,10H-Regel“. Das heißt, es dürfen keine Windräder näher als 2.000 Meter an Wohnhäuser gebaut werden. Das Gesetz könnte am 1. November 2014 in Kraft treten.

Akutell: Rüdiger Schmidt, Geschäftsleiter Markt Heiligenstadt, wird das vorläufige Ergebnis heute, 20.Juli 2014, circa zwischen 18.30 und 19 Uhr bekannt geben. Das endgültige Ergebnis wird der Abstimmungsausschuss in seiner Sitzung am 21. Juli 2014 amtlich feststellen.

Öfter war die Rede davon, dass in einer Befragung 80 Prozent der Bürger der Gemeinde Heiligenstadt für neue Windräder waren. Allerdings handelte es dabei um eine allgemeine Umfrage aus dem Jahr 2011. 37,5 Prozent befürworten darin einen weiteren Ausbau der Windkraft. Ein Großteil von 43 Prozent hat prinzipiell nichts gegen weitere Windräder und 19,5 Prozent äußern sich explizit gegen weitere Windkraftanlagen auf dem Gemeindegebiet. Fazit: Bei einem Rücklauf von 31,1 Prozent haben sich lediglich 37,5 Prozent der Befragten ganz allgemein, ohne genauere Standortkenntnis, für weitere Windräder im Gemeindegebiet ausgesprochen. Das entspricht kalkulatorischen 12 Prozent der Bürger.“
Die sperrige und etwas schwer zu verstehende Formulierung des Bürgerentscheids – immer wieder bemängelt – hat juristische Gründe und dient dazu, die Bevölkerung wirksam zu schützen. Möglichst keine Schlupflöcher wollte die Bürgerinitiative Hohenpölz den Betreibern und der Marktgemeinde Heiligenstadt ermöglichen.

Wie stimme ich ab?

Insgesamt heißt die Fragestellung für den kommenden Sonntag, 20. Juli 2014:

Wollen Sie,
- dass der Gemeinderat des Marktes Heiligenstadt alle rechtlich zulässigen Mittel ergreift, die es verhindern, dass im Gemeindegebiet Windkraftanlagen im Landschaftsschutzgebiet oder näher als 2.000 Meter zum nächsten Wohnhaus gebaut werden und
- dass der Markt Heiligenstadt in diesem Sinne sämtliche Maßnahmen stoppt, die die Planung und den Bau des Windparks ,,Brunn-Nord“ ermöglichen?
Die anzukreuzende Antwort auf die Frage lautet, wenn Sie den Windpark verhindern möchten: Ja.

Wenn Sie befürworten, dass der Windpark gebaut wird: Nein.

Bürgerinitiative Hohenpölz

Am vergangenen Montag lud die Bürgerinitiative Hohenpölz zu einer Infoveranstaltung in den Heiligenstadter Hof ein, die annähernd vier Stunden dauern sollte. Rund 150 Interessierte besetzten alle Plätze um den extra angereisten Experten bei ihren Ausführungen zu lauschen und Fragen zu stellen. Bürgermeister Helmut Krämer kam leider nicht zur Veranstaltung, konnte so den Bürgern nicht Rede und Antwort stehen. Die Infoveranstaltung des Marktes Heiligenstadt fand bereits in der vergangenen Woche statt (MarktSpiegel berichtete). Die Bürgerinitiative Hohenpölz hatte beeindruckende Fachleute geladen, so Dr. Ing. Detlef Ahlborn, BI Pro Hirschberg und Kaufunger Wald, Dipl.-Ing und Strömungstechniker Will Fritz aus Vaterstetten (arbeitete für EADS, das Unternehmen, welches u.a. den Eurofighter baute) sowie den Mediziner Dr. Eckhard Kuck, stellvertretender Vorsitzender der ,,Gegenwind Bad Orb“. Ausgezeichnet moderiert wurde die Veranstaltung von ,,einem alten Hasen“ im Geschäft, dem Radio-Reporter Wolfgang Reichmann. Vielen bekannt als der langjährige ,,Heute im Stadion“ Sportreporter von Bayern 1.
Begrüßt wurden die gespannten Zuhörer vom Sprecher der Bürgerinitiative Hohenpölz und ehemaligem Ortssprecher von Hohenpölz, Rudolf Herbst. Er erklärte nochmals die Standpunkte der Bürgerinitiative und vieler besorgter Bürger, warum dieser Windpark nicht so nah an die Wohnhäuser und schon gar nicht in ein Landschaftsschutzgebiet gebaut werden sollte. Einwände im Rahmen der öffentlichen Anhörung hatten ebenso die Nachbargemeinden Königsfeld und Aufseß sowie der Landkreis Bayreuth oder der Verein zum Schutz des Naturparks Fränkische Schweiz.

Schloss Greifenstein

Nachhaltig betroffen vom geplanten Windpark ist auch das Denkmal Schloss Greifenstein. Gemeinderätin Monika Schenk Gräfin von Stauffenberg erläuterte eindrucksvoll, weshalb sie und ihre Familie den Windpark auf jeden Fall verhindern wollen: ,,Schloss Greifenstein, welches unübersehbar den Charakter der hiesigen Region beeinflusst, ist neben seiner historischen Bedeutsamkeit ein anerkanntes, eingetragenes landschaftsprägendes Baudenkmal. Deshalb hat sich – neben anderen Institutionen – auch das Landesamt für Denkmalpflege mit aller Deutlichkeit gegen den Windpark Heiligenstadt-Brunn-Nord ausgesprochen.“ Die Gräfin zitierte aus der Verordnung über Landschaftsschutzgebiete im Oberfranken-West (LSG). Darin heißt es im Zweck der Festsetzung, dass eine erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung von Natur und Landschaft zu verhindern und die Vielfalt, Eigenart und Schönheit des für die nördliche Frankenalb typischen Landschaftsbildes zu erhalten ist. Im Landschaftsschutzgebiet sind alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern…dem Schutzzweck zuwiderlaufen, insbesondere alle Handlungen, die geeignet sind das Landschaftsbild zu beeinträchtigen.
,,Wer also behauptet, LSGs seien nur eingerichtet worden, ,weil es da ja sonst nichts zu holen gäbe‘, dem scheint der Mensch und sein Lebensumfeld in Wirklichkeit vollkommen egal, Hautsache, er kann seiner Lobby dienen“, so die Gräfin Stauffenberg und führte weiter aus ,,Hier wird nicht nur beeinträchtig, sondern blindlings, kaltblütig und rücksichtslos zerstört um der Sturheit, dem Machtanspruch und der Profitgier einiger Vertreter und Einwohner dieser Gemeinde willen! Von den Windparkbefürwortern werden ja die schönsten Rechnungen aufgemacht, die Bürger mit Geld umworben, doch wie kurzlebig das Geschäft mit der Gewinnung von so genanntem sauberen Strom ist, wissen wir alle. Zuerst hieß es, Photovoltaik sei das Mittel zur Rettung des Klimas, dann wurden die Anlagen wirtschaftlich uninteressant und daraufhin Deutschland ohne Rücksicht auf die Auswirkungen für Boden und Tierwelt mit Maiswüsten für Biogasanlagen überzogen. Nachdem nun die ,,Grünen“ selbst zugeben, einen Fehler gemacht zu haben, begraben nun riesige und immer größer werdende Windkraftanlagen Land und Leute unter sich! Lassen Sie sich das nicht bieten und wehren Sie sich gegen eine blenderische Industrielobby, die Ihnen ein schlechtes Klima-Gewissen einredet und Weltuntergangsstimmung verbreitet. Lassen Sie Ihre Äcker nicht unter Ihren Füßen zubetonieren. Wenn kein Geld mehr fließt, wird man sie schulterzuckend Ihrem Schicksal überlassen! Unsere Heimat und der Horizont mit Schloss Greifenstein ist und bleibt unverkäuflich!“

Komplizierte Sachverhalte

Es folgten die umfangreichen Referate der Experten. Die Komplexität der Berechnungen, die vielschichtigen – vor allem finanziellen - Hintergründe und Finten mache es den Befürwortern einfach, Windkraft positiv dastehen zu lassen, so die einhellige Meinung der Fachleute. ,,Kaum jemand ist in der Lage, beispielsweise die Prognose des Jahresertrages zu beurteilen.“ Grundsätzliche Erkenntnis: ,,Windkraft in dieser Gegend lohnt nicht! Nur die Verpächter verdienen an den Windparks. Entkräftet wurden Argumente wie ,,Ökostrompolitik führt zur CO2 Senkung, Nachhaltigkeit oder Versorgungssicherheit. Oder auch, dass kommunale Stadtwerke die besseren Stromversorger wären. Die Sachlage ist derart kompliziert, dass bei den meisten Besuchern nach einer halben Stunden die Köpfe ,,rauchten“. Der Fakt, dass Betreiber von Windkraftanlagen für den in ihren Anlagen produzierten Strom feste Vergütungen erhalten, überraschte. Diese Festpreis- und Abnahmegarantie ist ein Kernbestandteil der gegenwärtigen Förderung der Erneuerbaren Energien. .

Wer sich noch vor dem Bürgerentscheid näher mit der Materie auseinandersetzen will, was es mit der ,,Stromwende“, der Propaganda und Fehleinschätzungen in Windgutachten, fehlenden Speichermöglichkeiten, Bürgerbeteiligungen oder Subventionen auf sich hat, dem sei die Internetseite der Experten www.vernunftkraft.de ans Herz gelegt.

Sowohl Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und Energie erklärte, ,,dass die Energiewende kurz vor dem Scheitern steht.“ (Tipp: ,,Energiewende: Eine verkorkste Reform“ unter http://www.zeit.de/2014/29/energiewende-eeg-sigmar-gabriel) als auch EU-Kommissar Günther Öttinger rät zur ,,…Geschwindigkeitsbegrenzung bei Windkraft“.

Die Experten zitierten den Koalitionsvertrag der Bundesregierung: ,,Stromerzeugung durch Wind und Sonne kann nicht entscheidend zur Versorgungssicherheit beitragen."

Gesundheitsgefahren

Ganz abgesehen von den Wirkungen auf die Gesundheit und den Artenschutz. Auch Dr. Eckhard Kuck, sein Fachgebiet sind Gesundheitsgefahren durch Windkraftanlagen und Infraschall, konnte vor dem ,,Windkraftwahn“ nur warnen. Die ganz offensichtlichen Beeinträchtigungen sind Schlagschatten, Blitzlicht, optische Bedrängung und natürlich Schall und Lärm. Der Tieffrequente und Infraschall hat besondere ,,Eigenschaften“, die zunehmend gesundheitsrelevante Bedeutung haben. Der Infraschall lässt sich beispielsweise nicht ,,dämmen“ und weist ausgeprägte Raumresonanzen auf. ,,Die für die Genehmigung von Windkraftanlagen zur Anwendung kommenden Technischen Anweisungen bezüglich des Lärmschutzes von 1998 (TA-Lärm) sind aus dem Arbeitsschutz entstanden und erfassen die Gesundheitsgefährdungen nur im hörbaren Frequenzbereich und entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik einerseits und der Medizin andererseits“, so der Mediziner. Die Wirkungen der nicht gehörten, aber im Gehirn verarbeiteten Schallereignisse sind vielfältig.U.a. Schlafstörungen, Blutdruckanstieg, Herz- und Kreislaufprobleme, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Pulsation, Unwohlsein, Stress, Gleichgewichtsstörungen, Schwindel, Übelkeit, ,,Seekrankheit“, Tinnitus, Druckgefühl im Ohr, rasche Ermüdung und Depressionen. Diese Symptome verdichten sich zu einem Syndrom und werden als ,,Wind-Turbine-Syndrome“ zusammengefasst. In Zunkunft werden sich die Langzeit-Wirkungen auf Kinder, schwangere Frauen und Menschen mit chronischen Erkrankungen erst noch zeigen.

Eine Bürgerin richtete ihre Fragen direkt an die Befürworter des Windradparks: ,,Hört der Infraschall etwa an der Gemarkung auf? Könnt ihr wohl eure Gesundheit kaufen? Da ist die Habgier doch größer als der Verstand“. Der Erfahrungsbericht einer Bürgerin aus Ludwag stimmte viele nachdenklich. Dort gibt es drei Windräder, jetzt sollen es auch dort mehr werden. Doch die typischen Symptome bei den Anwohner sind schon da. Deshalb riet sie eindringlich: ,,Hinterher könnt ihr euch nicht mehr wehren. Das ist Fakt!“ Ein Beteiligter an einer Windkraftanlage bestätigte ,,Die Prognosen waren zu positiv“.

Linklist:
Weitere Beiträge zum Thema auf

http://www.marktspiegel.de

http://www.gegenwind-poxdorf.de

http://www.vernunftkraft.de

http://www.gegenwind-bad-orb.de

http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/bayernchronik/buergerwindpark-in-fraenkischer-schweiz-droht-zu-kippen-100.html

http://www.tvo.de/mediathek/video/heiligenstadt-lkr-bamberg-buergerentscheid-um-windpark/#.U8izqbEgIxJ

Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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Nicole Fuchsbauer auf X (vormals Twitter)
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