Windpark Brunn: Bürgerwille hat ein Verfallsdatum

Die Idylle trügt: Im Bild einige bereits bestehende Windräder von Hohenpölz aus gesehen. Um einen neuen Windpark in Brunn - circa 1.162 Meter von Hohenpölz entfernt - gibt es jetzt erneut Streit. | Foto: Nicole Fuchsbauer
  • Die Idylle trügt: Im Bild einige bereits bestehende Windräder von Hohenpölz aus gesehen. Um einen neuen Windpark in Brunn - circa 1.162 Meter von Hohenpölz entfernt - gibt es jetzt erneut Streit.
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HEILIGENSTADT (nf) - Wer gedacht hat, dass mit dem eindeutigen Bürgervotum vom Juli 2014 gegen den Windpark Brunn der Streit um die Windräder endlich vom Tisch ist, muss sich nun eines Besseren belehren lassen. Bei der gut besuchten öffentlichen Sitzung des Marktgemeinderates, Heiligenstadt am 26. November 2015 wurde der von fünf Eigentümern aus Brunn gestellte Antrag eines ,,Vorhaben bezogenen Bebauungsplanes für das Vorranggebiet 139 Windpark Brunn“ mit 9:8 Stimmen angenommen.

Allein die knappe Entscheidung mit einer Stimme mehr für den Antrag zeigt schon, wie die Meinungen hier auseinandergehen und wie tief die Gräben das Thema Windräder betreffend sind. Der Antrag sieht vor, dass Investition und Wertschöpfung des Windradparkes Brunn in der Gemeinde bleiben. Standort der Gesellschaft wäre ebenfalls Heiligenstadt. Zu vermuten ist, dass die Regionalwerke Bamberg mit im Boot sind, da die Grundstückssicherungsverträge zu Gunsten der Regionalwerke noch bis 2017 laufen. Der (optimistischen) Schätzung zufolge sind laut Antrag Gewerbesteuern in Höhe von 50.000 Euro möglich - abhängig vom Windertrag. Es handelt sich um drei bis vier Windräder.

Bereits im Vorfeld dieser aktuellen Entscheidung und wiederum nach dem Bürgerentscheid versuchten Eigentümer und die Regionalwerke Bamberg den Windpark Brunn (circa 40 Hektar im Vorranggebiet 139) weiter voranzutreiben. Letztlich scheiterten sie an der so genannten 10H-Regelung. Allerdings lässt die 10H-Regelung für den Windkraftausbau eine Ausnahme zu. Durch das Aufstellen von Bebauungsplänen kann die Gemeinde auch geringere Abstände gelten lassen und zwar - so erklärte es der Geschäftsleiter der Marktgemeinde Heiligenstadt Rüdiger Schmidt - bis zu 40 Prozent. Die Gemeinde Königsfeld hat bereits dieses ,,Schlupfloch“ bei geplanten drei Windrädern genutzt.

Dazu kommt, dass die Bindung der Gemeinde an den Ratsbeschluss nach einem Jahr abläuft. Abgelehnt wurde ein Antrag von Gemeinderätin Monika Schenk Gräfin von Stauffenberg die Abstimmung zu vertagen, weil die Gemeinde nicht, wie im Ratsentscheid festgelegt, alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft habe, um den Windpark zu verhindern. ,,Der Ratsentscheid gilt ja als Gemeinderatsbeschluss“. Sie hielt eine juristische Beratung notwendig, um die Beschlussfähigkeit des Gremiums zu klären. Auch wenn der Antrag sachlich nicht zu beanstanden sei, ,,müsse nicht alles legitim sein, was legal ist.“

1. Bürgermeister Helmut Krämer bekräftigte, man habe in dem Jahr der Bindefrist alles unternommen, um das Fass nicht wieder aufzumachen. Eine Vertagung koste nur Geld, außerdem sei alles bekannt. Dass dieses ,,Fass“ nun wieder sperrangelweit offen steht, zeigt die Empörung vieler Anwesender der Gemeinderatssitzung. Noch bei der Infoveranstaltung der Gemeinde am 10. Juli 2014 über den geplanten Bürgerwindpark Heiligenstadt-Brunn, erklärte Bürgermeister Krämer, er sehe in dem Windpark eine große Chance, wolle aber ,,auf keinen Fall den Windpark gegen die Bürger durchsetzen.“

Der 2. Bürgermeister Hans Göller, eigentlich ein Befürworter des Windparks, meldete sich noch vor der Abstimmung zu Wort und betonte, er werde mit Nein stimmen. Die Bürgerschaft habe eine Entscheidung getroffen - man wolle keine Windräder. ,,Deshalb bleibt’s beim Nein. Man muss als Demokrat auch verlieren können.“

Gemeinderätin Anke Kraasz sagte in ihrem Statement, es gehe es hier gar nicht mehr um Windräder, sondern schlicht um Demokratie. Man solle sich für Moral und den Frieden in der Gemeinde entscheiden. Der Bürgerwille müsse von der Gemeinde geachtet werden - es könne nicht sein, kaum sei die Bindungsfrist abgelaufen - dass über einen neuen Antrag entschieden werden muss: ,,An der Sachlage, die zur Entscheidung der Bürger führte, hat sich nichts geändert.“

Dass der Bürgerwille höher wiegt als das Interesse der antragstellenden Eigentümer, daran hat Gemeinderat Dr. med. Peter Landendörfer erhebliche Zweifel. Für ihn ist Eigentum ein hohes Gut. Wie im Nachgang von Besuchern der Gemeinderatssitzung zu erfahren war, sind jedoch auch unter den Gegnern der Windräder mehrheitlich Eigentümer, die einen Wertverlust ihrer Immobilien in umnittelbarer Nähe der Windkraftanlagen fürchten.

Gemeinderätin Elisabeth Dicker warnte, dass aufgrund der Entscheidung ein weiterer Bürgerentscheid folgen könnte. Auch Alexander Stöcklein merkte an, dass der Marktgemeinderat nach dem Willen der Bürgerschaft zu entscheiden hätte. Ein weiterer Bürgerentscheid sei auch schlicht zu teuer. Die Gefahr bestünde, dass andere Projekte deshalb liegen bleiben.

Da die Appelle jedoch neun Gemeinderatsmitglieder nicht überzeugen konnten, ist es sehr wahrscheinlich, dass ein zweiter Bürgerentscheid auf die Gemeinde zukommen wird.

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Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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