Höhere Zinsen bei Immo-Krediten
Experten erwarten mehr Zwangsversteigerungen

Symbolfoto: Jan Woitas/dpa

FRANKFURT / MAIN (dpa/mue) - Wegen steigender Zinsen erwarten Experten, dass immer mehr Menschen Wohnungen oder Häuser zwangsversteigern müssen.


Zinserhöhungen, die hohe Inflation und das gesunkene Verbrauchervertrauen träfen gerade die Schicht der mittleren Haushaltseinkommen, erklärte Walter Ruesch, Geschäftsführer beim Fachverlag Argetra. Es werde kaum Verhandlungsspielraum mit Banken geben, die Immobilien in den vergangenen Jahren «bis an den Anschlag finanziert haben». «Die Folge wird unwillkürlich sein, dass die Zahl der Zwangsversteigerungen steigen wird.»
 Wegen der Verfahrensdauer von ein bis zwei Jahren werde sich das jedoch erst in den Jahren 2023 und 2024 deutlich bemerkbar machen, sagte Ruesch. «Aktuell haben wir lediglich eine leichte Steigerung.» Der Fachverlag Argetra veröffentlicht regelmäßig Berichte zu Immobilien-Zwangsversteigerungen und wertet dazu die entsprechenden Termine an allen knapp 500 Amtsgerichten hierzulande aus.


Zuletzt hatten schon Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) vor mehr Zwangsversteigerungen gewarnt. Höhere Zinsen könnten all jene hart treffen, deren Zinsbindung in der kommenden Zeit auslaufe, sagte DIW-Forscher Markus Grabka jüngst dem «Business Insider». «Noch zahlen viele Menschen mit Hypothek niedrige Zinsen, weil ihre Zinsbindung von oft 10 bis 15 Jahren nicht die aktuellen und kommenden Zinserhöhungen der EZB widerspiegelt», erklärte er. Sobald die Zinsbindung jedoch ende, würden die Rückzahlungen spürbar nach oben getrieben.

Notenbanken unter Druck


Die Bauzinsen waren in den vergangenen Monaten hochgeschossen; der effektive Zins für zehnjährige Finanzierungen stieg zuletzt im Schnitt erstmals seit mehr als zehn Jahren wieder über die Marke von 3 Prozent, wie die Frankfurter FMH-Finanzberatung berichtete. Wegen der hohen Inflation steigt das Zinsniveau an den Kapitalmärkten, und Notenbanken stehen unter Druck, die Leitzinsen anzuheben.


Die Zahl der Zwangsversteigerungen in Deutschland war in den vergangenen Jahren stetig gesunken. Als Gründe galten die lange Zeit gute Konjunktur und die Niedrigzinsen, die die Last von Krediten für Schuldner niedrig hielten und die Immobiliennachfrage antrieben. Im vergangenen Jahr waren laut Recherchen von Argetra im Bundesschnitt 32 von 100.000 Haushalten von Zwangsversteigerungen betroffen. Den Bericht für das erste Halbjahr will der Verlag jetzt im Juli vorlegen.

Autor:

Uwe Müller aus Nürnberg

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