10H-Regel abschaffen ++ Proteste vorprogrammiert
Windräder retten Energieversorgung? Bayerische Wirtschaft und Grüne kontra CSU

Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

MÜNCHEN (dpa/lby) - Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) fordert die Abschaffung der 10H-Abstandsregel für Windräder in Bayern. Anlass der Forderung sind die laut einem neuen Gutachten mangelnden Fortschritte der Energiewende. «Wir müssen leider feststellen, dass die 10H-Regelung ein Fehlschlag war, also brauchen wir sie auch nicht mehr», sagte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.

Die 10H-Regel schreibt vor, dass der Abstand eines Windrades in der Regel mindestens das Zehnfache der Bauhöhe betragen muss - bei 200 Meter Rotorhöhe also zwei Kilometer. Die auf Ex-Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) zurückgehende Vorschrift hat den Ausbau der Windenergie in Bayern quasi zum Erliegen gebracht.

Die CSU gerät nun von zwei Seiten unter Druck: Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will mit der Staatsregierung über das Thema sprechen, da die neue Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien forcieren will.

Die vbw pflegt traditionell enge Beziehungen zur CSU, Brossardt nennt den einstigen Wirtschaftsminister Otto Wiesheu seinen «Ziehvater». CSU-Generalsekretär Markus Blume hatte seinerseits erst am Vortag betont, dass an der 10H-Regel nicht gerüttelt werden solle.

Nach Angaben von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) will Habeck bereits kommende Woche ins bayerische Wirtschaftsministerium kommen. Aiwanger selbst kann sich bei der 10H-Regel eine Öffnung unter gewissen Kriterien vorstellen. Einen Wildwuchs von Windrädern wolle natürlich niemand, sagte der Freie-Wähler-Chef. Denkbar für Aiwanger wären etwa Ersatzbauten mit neuen Windkraftanlagen an bereits bestehenden Windrad-Standorten in Wäldern.

Laut Energiewende-Monitoring der vbw hängt die Energiewende in Bayern ebenso wie in ganz Deutschland in mehreren Bereichen hinter den politischen Zielen zurück, insbesondere beim Netzausbau. Ausgearbeitet wird die alljährliche Studie vom Basler Prognos-Institut.

Ende dieses Jahres sollen die letzten deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet werden, darunter Isar II in der Nähe von Landshut. Von Bedeutung für Bayern ist vor allem die Frage der Versorgungssicherheit, da die heimische Stromerzeugung den Bedarf nicht mehr deckt.

Der Bau der geplanten beiden großen Stromtrassen «Südlink» und «Südostlink» von Schleswig-Holstein beziehungsweise Sachsen-Anhalt nach Bayern hat sich jedoch stark verzögert. «Bei der Versorgungssicherheit sind wir, was die Frage der Netze angeht, wirklich in einer sehr, sehr kritischen Bewertung», sagte Studienautorin Almut Kirchner.

Deswegen favorisiert auch die vbw den Ausbau der Windkraft. «Die Energiewende wird nicht ohne Zumutungen und Eingriffe in unser Landschaftsbild gelingen», sagte Brossardt dazu.

Beim Umbau der Gebäudeheizung - einem wichtigen Faktor bei den Treibhausgasemissionen - gab es laut Prognos in Bayern ebenso wie in ganz Deutschland nur minimale Fortschritte. In diesem Bereiche zeige sich das «ganze Ausmaß des Elends», sagte Kirchner. Demnach sind alte Öl- und Gasheizungen bislang nur in wenigen Gebäuden ausgetauscht worden, und auch bei Neubauten ist die Lage nicht viel besser: «Es werden im wesentlichen Gasheizungen zugebaut», sagte die Physikerin, die bei dem Beratungsunternehmen den Bereich Energie und Klimaschutz leitet.

Brossardt beklagte, in Sachen Energiewende gebe es seit 20 Jahren politische Ankündigungen. «Aber beim Machen sind wir nicht vorangekommen.»

Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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