Fremde Schätze: ,,Luthers Skandal-Hochzeit" im Nürnberger Fembo-Haus

Die Öl-Skizze zum Monumentalgemälde ,,Luthers Hochzeit" ist eine Leihgabe von Krista Strahl (r.). Kuratorin Frederike Schmäschke (2.v.l.) und Dr. Thomas Schauerte, Leiter des Stadtmuseums im Fembo-Haus und der Kunstsammlungen, freuen sich über den ,,fremden Schatz". | Foto: Nicole Fuchsbauer
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  • Die Öl-Skizze zum Monumentalgemälde ,,Luthers Hochzeit" ist eine Leihgabe von Krista Strahl (r.). Kuratorin Frederike Schmäschke (2.v.l.) und Dr. Thomas Schauerte, Leiter des Stadtmuseums im Fembo-Haus und der Kunstsammlungen, freuen sich über den ,,fremden Schatz".
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Erstmals wird dem Werk Konrad Weigands der Entwurf für das monumentale Gemälde gegenüber gestellt – Luthers Hochzeit mit Katharina von Bora führte zu einem ,,Shit-Storm" des 16. Jahrhunderts

NÜRNBERG (nf) - Anlässlich des 500. Reformationsjubiläums zeigen die Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg bis 12. November 2017 die kleine, aber feine Sonderpräsentation „Fremde Schätze: ‚Luthers Hochzeit‘ von Konrad Weigand“ im Stadtmuseum im Fembo- Haus. Sie stellt ein monumentales Leinwandgemälde des Nürnberger Historienmalers Konrad Weigand einer vorbereitenden Ölskizze aus Privatbesitz gegenüber. Federike Schmäschke M.A., erste wissenschaftliche Volontärin bei den Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg, hat sich für das Thema durch die Archive gewühlt.

Seit einigen Jahren zeigen die Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg in lockerer Folge Schätze privater Eigentümer als Sonderpräsentationen im Albrecht-Dürer-Haus oder im Stadtmuseum im Fembo-Haus. Unter dem neuen Namen „Fremde Schätze“ macht ‒ passend zum Jubiläumsjahr der Reformation ‒ die Ölskizze „Luthers Hochzeit“ von Konrad Weigand (1842–1897) aus dem Besitz von Krista Strahl den Auftakt. Die gebürtige Nürnbergerin (Kindheit in Bamberg), die seit langem in Norddeutschland lebt, bekam die Öl-Skizze Weigands zur Hochzeit von ihrer Mutter geschenkt. Das Bild befand sich allerdings schon lange vorher im Familienbesitz. Krista Strahl vermutet, da ihr Großvater Pfarrer in Nürnberg war, dass er das Gemälde einst erwarb. Ihre Freude über die Ausstellung ihres Bildes war so groß, dass sie zur Präsentation sogar aus Hannover nach Nürnberg kam. ,,Das wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Ich bin so glücklich, dass ich das Originalgemälde zum ersten Mal sehen kann!", berichtet sie freudestrahlend.

Und bei der Ausstellung des Historienbildes handelt es sich tatsächlich um eine Premiere. Das Gemälde wurde aus dem städtischen Depot geholt und um einige bislang unerforschte Skizzenbücher des Künstlers aus der Graphischen Sammlung zu einer kleinen Ausstellung ergänzt. Leider wird das Werk von Konrad Weigand, das er ganz dem Geschmack des 19. Jahrhundert entsprechend angefertigt hat, nach der Ausstellungszeit auch wieder ins Depot verschwinden.

Doch immerhin für kurze Zeit zeigt es die intensive Auseinandersetzung des Künstlers mit einem einzigen Thema: Über die Dauer mehrerer Jahre befasste sich Konrad Weigand immer wieder mit dem Motiv der Hochzeitsfeier von Reformator Martin Luther und der Nonne Katharina von Bora im Jahr 1525. Die Besucher können anhand der ausgestellten Exponate die schrittweise Annäherung des Künstlers an sein Werk verfolgen. Konrad Weigand wählte dazu unterschiedliche „Ausgabemedien“: Bleistiftzeichnung, Ölskizze und Ölgemälde. Dabei lässt sich beobachten, wie der Künstler bestimmte Bildlösungen verwirft, während er andere übernimmt und ausgestaltet.

Weigand setzt hier bildlich um, was rund 350 Jahre zuvor für einen Skandal gesorgt hatte: die Ehe eines Mönchs mit einer entlaufenen Nonne. Luther hatte seiner Ablehnung des Zölibats und seiner Forderung nach Auflösung der Klöster handfeste Tatsachen folgen lassen. Eigentlich plante Katharina von Bora, den aus Nürnberg stammenden Studenten Hieronymus Baumgartner zu heiraten, dessen Eltern der Hochzeit mit der ehemaligen Nonne jedoch nicht zustimmten. Martin Luther fädelte zunächst eine Eheschließung Katharinas mit dem Universitätslehrer Kaspar Glatz ein – doch Katharina wollte nicht. Luther selbst war zunächst an einer anderen Nonne, Ave von Schönfeld, interessiert, die sich dann für den Apotheker Basilius Axt entschied. Am 13. Juni 1525 schließlich führte das Ehepaar Cranach Katharina von Bora und Martin Luther zur Trauung.

Dieser Umstand bot der katholischen Gegenpropaganda der Zeit viel Angriffsfläche: Das Paar wurde mit Beleidigungen überzogen und in Schmähschriften verspottet.
Der Blick des 19. Jahrhunderts ist jedoch ein vollkommen anderer: Der Reformator wurde in romantischer Verklärung immer mehr zu einer nationalen Identifikationsfigur stilisiert. Die Hochzeit passte gut ins Bild eines aufrechten, volkstümlichen Rebellen. Konrad Weigand entwirft das Urbild des idealen evangelischen Ehepaars – ein Thema, das vom protestantischen Bürgertum des 19. Jahrhunderts in Zeiten des Kulturkampfs zwischen Preußen und katholischer Kirche begierig aufgenommen wurde.

Der Künstler Konrad Weigand, heutzutage in Vergessenheit geraten, war nicht nur ein versierter Historienmaler und Porträtist, sondern auch ein sehr begabter Illustrator. Er fertigte beispielsweise eine Reihe von Illustrationen für Erzählungen von Karl May an, unter anderem schuf er die fantasievollen Einbände der Buch-Erstausgaben von „Der Sohn des Bärenjägers“ und „Die Sklavenkarawane“, die auch im Ausland Verbreitung fanden.

Begleitprogramm:

Theaterstück
Luthers Lust und Liebe
Ein Theaterstück zum großen Reformationsjubiläum von Cornelia Bernoulli Do, 26. Oktober 2017, 19 Uhr

Luther privat. Eine Theatercollage rund um die 500 Jahre alte ungewöhnliche Liebesgeschichte zwischen Martin Luther und Katharina von Bora.
Die beiden Schauspieler Cornelia Bernoulli und Ernst Matthias Friedrich nähern sich der Beziehung zwischen dem berühmten Mönch und der fast so berühmten Nonne spielerisch, ungeniert und ganz aus der Gegenwart heraus an. Wie veränderten sich die Vorstellungen von Liebe und Frauen, als der Reformator die Ehe mit der ehemaligen Nonne einging? Wie sahen seine Zeitgenossen ihn und die Lutherin? Und was erlebten Luthers Mitstreiter Philipp Melanchthon und Georg Spalatin oder der Zürcher Reformator Huldrych Zwingli mit der Liebe? Aus heutigem Blickwinkel machen sich die Schauspieler auf eine kurzweilige Zeitreise und testen, wie sich für Martin Luther und seine Käthe die Lust aneinander und die Liebe zueinander angefühlt haben könnte. In diesem Programm entsteht das Porträt einer berühmten und modellhaften „Beziehungskiste“ des 16. Jahrhunderts – Wiedererkennungsmomente im 21. Jahrhundert nicht ausgeschlossen.
Liederarrangements: Bruno Hetzendorfer Kosten: 10 Euro, ermäßigt 7 Euro
Kartenreservierung beim Stadtmuseum im Fembo-Haus unter Tel. 09 11 / 2 31-1 04 50, Restkarten an der Abendkasse, freie Platzwahl
Im Vorfeld gibt Kuratorin Frederike Schmäschke M.A. spannende Einblicke in die Sonderpräsentation „Fremde Schätze: ‚Luthers Hochzeit‘ von Konrad Weigand“. Die kostenlosen Kurzführungen beginnen um 18 und 18.30 Uhr.

Schaustück des Monats August 2017

Verliebt, verlobt, verklärt. Das Historienbild ‚Luthers Hochzeit‘
Frederike Schmäschke M.A., Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg
Mi, 9. August 2017, 16 Uhr
Fr, 23. August 2017, 16 Uhr
Mehr als 350 Jahre nach der historischen Begebenheit, der Hochzeit Martin Luthers mit der Nonne Katharina von Bora, greift der Maler Konrad Weigand dieses Ereignis im 19. Jahrhundert erneut auf. Inwieweit er hier Vorstellungen und Bedeutungen seiner Zeit wiedergibt, ist ebenso Teil der Führung wie eine kleine Kulturgeschichte der Ehe.

Öffentliche Führung
Skandal und Skizzenbuch
Führung zur Sonderpräsentation mit Frederike Schmäschke
So, 2., und 16. August, 6. und 20. September sowie 4. und 18. Oktober 2017, jeweils 16 Uhr, Mi, 1. November 2017, 14 Uhr
In dem etwa 30-minütigen Rundgang erfahren die Teilnehmer nicht nur, ob sich die Hochzeit zwischen Martin Luther und Katharina von Bora 1525 tatsächlich so zugetragen hat, sondern sie begeben sich auch auf die ganz persönlichen Spuren des unerwartet vielseitigen Künstlers Konrad Weigand.

Themenführung
Luthers Hochzeit
Führung der Reihe „Stadtgeschichte am Nachmittag“ Di, 25. Juli 2017, 16 Uhr
Die Führung erläutert, wie es überhaupt zur Ehe zwischen Martin Luther und Katharina von Bora kam und was passieren musste, bevor die beiden schließlich am 13. Juni 1525 getraut wurde. Auch die Art der Darstellung durch den Maler Konrad Weigand wird näher betrachtet.

Laufzeit
18. Juli bis 12. November 2017
Eintritt
Der Eintritt zur Sonderpräsentation ist im Museumseintritt von 5 Euro, ermäßigt 3 Euro, bereits inbegriffen.
Stadtmuseum im Fembo-Haus
Burgstraße 15
90403 Nürnberg
Telefon: 09 11 / 2 31-25 95
Fax: 09 11 / 2 31-25 96
E-Mail: stadtmuseum-fembohaus@stadt.nuernberg.de
www.stadtmuseum-fembohaus.de
Öffnungszeiten
Dienstag bis Freitag 10-17 Uhr Samstag und Sonntag 10-18 Uhr
Anfahrt
Buslinie36: HaltestelleBurgstraße
U1/U11: Haltestelle Lorenzkirche (Ausgang Hauptmarkt)

Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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