Wie Phönix aus der Asche: Deswegen ist der deutsche Fußball so erfolgreich

Countdown zur Fußball-WM 2018 in Russland. | Foto: Zabotnova Inna – 640261888 / Shutterstock.com
  • Countdown zur Fußball-WM 2018 in Russland.
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SPORT (sp/fi) - Seit der Heim-WM 2006 erreichte das deutsche Team bei großen Turnieren immer mindestens das Halbfinale. Der Höhepunkt war eindeutig der Sieg im Maracanã-Stadion 2014 im Weltmeisterschaftsfinale 2014 gegen Argentinien. Auch in diesem Jahr machte der deutsche Fußball mit dem Sieg beim Confederations Cup und dem Triumph bei der U21-Europameisterschaft erneut positiv von sich reden. Der weltweite Respekt der anderen Nationen vor dem neuen deutschen Fußball ist wohl an der Spitze angekommen, doch es bedurfte dafür erst eine der schwärzesten Stunden in der deutschen Fußballhistorie. 

Die beste Mannschaft der Welt

Weltmeister 2014, U21-Europameister 2017, Confederations-Cup-Gewinner 2017 und seit der Weltmeisterschaft im eigenen Land im Jahre 2006 stets bei großen Turnieren mindestens im Halbfinale gewesen – die Vita des deutschen Fußballs liest sich wie eine Märchengeschichte. Die Entwicklung, die Bundestrainer Joachim Löw mit seinem Team vollzogen hat, ist eine einzige Erfolgsstory. Auch der internationale Respekt vor dem deutschen Fußball scheint so groß wie nie zu sein. So titelte die englische Zeitung „Guardian“ nach dem Sieg der jungen deutschen Mannschaft in Russland beim Confederations Cup: „Es kann kein Zweifel bestehen: Deutschland ist aktuell die beste Fußball-Nation der Welt.“

Sicherlich floss in die Pressestimmen zusätzlich noch der Fakt mit hinein, dass der Bundestrainer nahezu sein gesamtes Weltmeisterteam im Urlaub ließ und zahlreichen jungen Nachwuchstalenten ihre Chance gab. Sie ergriffen sie und holten zum ersten Mal den Titel des Confederations Cup. Hinzu kam, dass eine weitere deutsche Nachwuchsmannschaft, die U21, ebenfalls mit jungen Talenten übersät, den U21-Europameistertitel gewann. Der Pool an talentierten, aber vor allen Dingen erstklassig und hochprofessionell ausgebildeten Nachwuchsspielern im deutschen Fußball scheint aktuell schier unendlich groß zu sein.

Beruhigende Aussichten

Deshalb stehen auch die Chancen auf ein positives Abschneiden der deutschen Mannschaft bei der Weltmeisterschaft nächstes Jahr in Russland gut. Einige Wettanbieter werben sogar bereits jetzt mit einzelnen Quoten für die WM 2018. Eine riskante Unternehmung, bedenkt man doch die immer wiederkehrenden schweren Verletzungen von einigen Leistungsträgern vor solch großen Turnieren. Der Ausfall des „Capitanos“ vor der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika war das Topthema in den Abendnachrichten und wurde gar zum Staatsakt aufgeschwungen.

Doch ein Ausfall von verletzungsanfälligen Leistungsträgern wie beispielsweise:
• Marco Reus von Borussia Dortmund,
• Ilkay Gündoğan von Manchester City
• oder Jérôme Boateng von Bayern München
erscheint mit Blick auf die Anzahl deutscher Topstars fast nebensächlich. Manch einem mag der deutsche Bundestrainer sogar fast leidtun, denn Joachim Löw hat die Qual der Wahl. Zum einen hat er eine unglaubliche Auswahl an hervorragenden Spielern, zum anderen muss er ebenso vielen auch den Traum von der Teilnahme an einem großen Turnier zerstören.

Der deutsche Fußball jedoch profitiert ungemein stark von der Entwicklung. Bei den Weltmeisterschaften 2018, 2022 und 2026 sowie den Europameisterschaften 2020, 2024 und 2028 dürfte Deutschland jedes Mal zu den Favoriten gehören. Doch jede positive Entwicklung besitzt auch einen Ursprung und jener der deutschen Erfolgsgeschichte liegt in einer der schwärzesten Stunden der deutschen Fußballhistorie.


Nachwuchsförderung durch EM-Debakel

Der Ursprung der Entwicklung liegt in einer der bittersten Niederlagen begründet. Nach dem Gewinn der Europameisterschaft 1996 und dem legendären Golden Goal vom heutigen Teammanager Oliver Bierhoff ging es stetig bergab mit der Nationalmannschaft. Der negative Höhepunkt folgte bei der EM 2000. Das überalterte Team vom damaligen Bundestrainer Erich Ribbeck war meilenweit von seinem Leistungszenit entfernt, spielte verheerend und scheiterte nach der Vorrunde als siegloser Tabellenletzter. Im letzten Gruppenspiel gab es die negative Krönung mit einer 0:3-Klatsche gegen eine B-Elf der Portugiesen. Es war die schlechteste Bilanz aller Zeiten bei einem großen Turnier. Den Verantwortlichen des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) war klar: Es muss sich dringend etwas ändern. Doch in gewisser Weise war das grausame Abschneiden der DFB-Elf ein Segen für die heutige Erfolgsstory, denn sie begründete die gesamtkonzeptionelle Neugestaltung der deutschen Nachwuchsförderung.

Auch Joachim Löw erinnerte nach dem Confed-Cup-Triumph an die scheinbar schon vergessenen schweren Zeiten: „Der deutsche Fußball war ja auch mal am Boden 2000 und 2004!“ Bei der WM 2002 wurde Deutschland zwar Vizeweltmeister, doch der Verlauf des Turniers war mehr als schmeichelhaft für das deutsche Team. Bei der EM 2004 war dann wieder nach der Vorrunde Schluss. Aber jeder weiß, eine angestoßene Entwicklung braucht Zeit und im Hintergrund lief sie auch bereits. „Nach der desaströsen EM wurde eine Nachwuchsreform notwendig“, bestätigte auch der damalige DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder in einem Interview. Mayer-Vorfelder hatte keinen einfachen Stand beim Verband, war nahezu dauerhaft umstritten und häufig Schmähungen ausgesetzt, doch er ist maßgeblich für die radikale Reform der Nachwuchsförderung verantwortlich.
• Er sorgte für die Einführung eines Netzes von Hunderten Stützpunkten zur Talentförderung
• Er regte die Profi-Klubs an, Nachwuchsleistungszentren (NLZ) zu gründen
• Er führte später die Auflage ein, dass Spiellizenzen nur noch an Vereine mit einem NLZ vergeben werden
Christian Seifert, Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL), bezeichnete diese Reform einst als „eine der wichtigsten Weichenstellungen der Bundesliga, da haben wir uns einen Vorsprung von zwei bis drei Jahren gegenüber den internationalen Wettbewerbern erarbeitet.“

Alle Seiten profitieren

Statt wie früher ein Tauziehen um die Spieler zu führen, profitieren Nationalmannschaft und Ligavereine gleichermaßen vom Stein des Anstoßes. Erfolgreiche und öffentlichkeitswirksame Auftritte in der Nationalmannschaft steigern den Marktwert der Spieler ungemein, was wiederum den Vereinen zugutekommt. Das Ansehen der deutschen Bundesliga steigt ebenfalls.
Der veränderte Stil der Nationalmannschaft und die große Anzahl deutscher Talente bleiben auch dem Ausland nicht verborgen. So sagte Kameruns Trainer Hugo Broos nach der 1:3-Niederlage in der Vorrunde gegen Deutschland: „Diese deutsche Mannschaft verkörpert nicht mehr den deutschen Stil. Früher waren deutsche Spieler nur stark. Jetzt sind sie auch technisch gut und schnell. Da sieht man das Ergebnis einer anderen Ausbildung.“ Es scheint, als schwelge neben der Bewunderung auch ein wenig Neid mit durch. Die Aussichten für den deutschen Fußball sind auf jeden Fall mehr als positiv.

Autor:

MarktSpiegel Service aus Nürnberg

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