,,Die Digitalisierung muss in die Fläche!“

Dorothee Bär ist seit 14. März 2018 Staatsministerin für Digitalisierung bei Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. | Foto: oh
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  • Dorothee Bär ist seit 14. März 2018 Staatsministerin für Digitalisierung bei Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel.
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NÜRNBERG (mask) - Staatsministerin Dorothee Bär spricht im MarktSpiegel über die Nürnberg Web Week, Instagram und die Zukunft.

Der Marktspiegel: Frau Staatsministerin, als Expertin der Bundesregierung für Digitalisierung – wissen Sie da immer genau, wieviele Follower Sie gerade bei Instagram und Twitter haben?
Staatsministerin Dorothee Bär: ,,Das wird einem beim Öffnen der Apps ja angezeigt. Und natürlich freue ich mich über jeden Einzelnen.“

Bei Instagram sind es jetzt 18.600! Ihr Auftritt ist toll und bunt gemacht. Warum ist das wichtig für Sie – und welche Tipps geben Sie jemandem, der damit anfängt?
,,Instagram ist mir das liebste soziale Medium, dort geht man insgesamt höflicher miteinander um als beispielsweise auf Twitter. Und deshalb fällt es mir auch leicht, da mehr Mühe zu investieren. Wenn man mit Instagram anfängt, sollte man vor allem darauf achten, dass man authentisch bleibt. Das heißt, auch Persönliches über sich selbst zu posten, aber immer mit einem Bezug zur Realität, gepaart mit dem einen oder anderen Augenzwinkern. Insgesamt ist man in sozialen Medien der Kurator der Ausstellung über das eigene Ich, also darf man auch selbst auswählen, was man postet. Etwas Selbstironie schadet deshalb wie gesagt auch nicht.“

Und wie fit ist Deutschland generell fürs Internet?
,,Um beim Fitnessbild zu bleiben: Wir sind noch in der Phase des Muskelaufbaus, aber wir haben gute Anlagen. In einigen Bereichen wie der industriellen Digitalisierung sind wir gut, aber unser Leistungsniveau in anderen Bereichen müssen wir noch ausbauen.“

Große Konzerne treiben ihre eigene Digitalisierung mit hohem Personal- und Finanzaufwand selbst voran. Welchen Vorteil hat aber der Mittelstand, wenn er digital(er) wird – und wie helfen Sie dabei?
,,Viele Mittelständler wissen gar nicht, auf welchem Datenschatz sie sitzen, beispielsweise Informationen von Anlagenbauern über Wartung und Instandsetzung. Diesen zu heben, erfordert Investitionen in die Digitalisierung. Auch erwarten Kunden heute einfach ein ordentliches CRM. Und so könnte ich noch viele Punkte aufzählen. Die Bundesregierung bietet Informationen und Hilfestellung an, beispielsweise die Kampagne Breitband@Mittelstand zusammen mit dem DIHK. Aber viele Mittelständler haben die Auftragsbücher voll, Probleme bei der Mitarbeitergewinnung und oft keinen Kopf dafür, sich mit Digitalisierung zu befassen. Deshalb werden wir noch weitere Förderprogramme auflegen, um es attraktiver zu machen, dieses Zukunftsthema aktiv anzugehen.“

Was bringt die flächendeckende Digitalisierung Deutschlands dem Kleinunternehmer oder einzelnen Angestellten?
,,Der Kleinunternehmer kann plötzlich neue Kunden gewinnen, weil er eine ganz andere Reichweite hat, oder auch neue Mitarbeiter und Auszubildende. Hier zählt plötzlich nicht mehr der größte Marketing-Etat sondern die originelle Idee. Der Angestellte gewinnt vor allem Freiheit, weil flexibleres Arbeiten möglich ist, so dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser wird.“

Was unternehmen Sie, damit die ländliche Region, damit die Schulen und Firmen dort flächendeckend (schnelles) Internet bekommen?
,,Wir haben seit 2013 viel Geld in die Hand genommen, und der Freistaat Bayern hat schon vorher ein großes Programm aufgelegt. Leider dauert es länger, als mir lieb ist, alle Kabel in die Erde zu bekommen. Das lag an zuviel Bürokratie aber auch an fehlenden Tiefbaukapazitäten. Das erste Problem ist Minister Scheuer angegangen und hat das Bundesförderprogramm deutlich entschlackt. Es wird also schnell besser werden.“

Sind Sie eigentlich auch für Mobilfunklöcher zuständig?

,,Zumindest fühlen wir uns zuständig, die Mobilfunklöcher zu erfassen, so dass wir den Mobilfunkunternehmen klar sagen können, wo es hakt. Außerdem achten wir bei der Vergabe neuer Frequenzen darauf, dass die Unternehmen auch entsprechende Versorgungsauflagen erfüllen müssen. Im kommenden Jahr sollte es deshalb besser werden, da dann die 700MHz-Frequenzen mit entsprechenden Auflagen nutzbar werden.“

Wie lange dauert es, bis es WLAN in allen Bussen und Bahnen gibt, wie z.B. in Hamburg?
,,Das ist eine Entscheidung der Länder und Kommunen. Ich halte das für eine wichtige Investition, aber letztlich können wir im Bund nur die Rahmenbedingungen verbessern, wie zum Beispiel die faktische Abschaffung der Störerhaftung.“

An Sie als gebürtige Fränkin: Ist ,,der Münchner“ digitaler als z.B. ,,der Bamberger“ oder ,,der Nürnberger“? Gibt es regionale Unterschiede?
,,Da gibt es kaum Unterschiede. Der Münchner hat wahrscheinlich den Vorteil, dass viele Unternehmen früher in München als in Bamberg expandieren, aber vom Mindset her sehe ich da keine Unterschiede. Es gibt in allen Gegenden solche und solche.“

Und wie digital ist ihre Chefin, Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel?
,,Sehr. Sie ist Naturwissenschaftlerin, das merkt man. Und sie treibt die Digitalisierung in der Bundesregierung mit voller Kraft voran, deshalb habe ich auch für meine Themen volle Rückendeckung.“

Sie gelten als modebewusst, haben erst kürzlich der FAZ verraten: ,,High Heels passen immer!“ Kaufen Sie als Digital-Ministerin noch im Einzelhandel ein – oder bestellen Sie nur noch im Netz?
,,Da ist meine Devise immer: Sowohl als auch. Ich kaufe im Netz ein, gehe aber auch gern in Läden. Sowohl in meiner Heimat, das ist für mich auch ein Stück Realitätskontakt, als auch auf Reisen, da entdeckt man mit allen Sinnen.“

Sie sind zu Gast auf der Nürnberg Web Week (NUEWW), die jetzt zum Digital Festival wird. Welche Bedeutung hat diese feste Größe im Kalender der digitalen Community für Sie?
,,Wenn die Digitalisierung in unserem Land erfolgreich sein soll, müssen wir nicht Berlin oder München digitaler machen. Wir müssen in die Fläche. Ich will da nicht den USA oder China nacheifern mit einigen digitalen Hubs und ansonsten Diaspora. Und deshalb ist die NUEWW für die Metropolregion unheimlich wichtig. Ich würde mir wünschen, dass es in allen Regionen Deutschlands so etwas gäbe.“

Zwei der drei Hauptthemen der NUEWW 2018 werden vernetztes Fahren und Gesundheits-Apps bzw. Lösungen zur Verbesserung der Pflege sein. Wie sehen Sie diese Entwicklungen?
,,Gesundheit und Mobilität sind wahrscheinlich die beiden wichtigsten Felder für die Bürgerinnen und Bürger, gerade in einer alternden Gesellschaft. Wie bleibe ich länger fit, länger gesund, länger mobil und damit länger selbstständig? Das sind noch enorm wichtige Fragen, gerade auch für den ländlichen Raum.“

Welche (digitale) Innovation finden Sie gerade am spannendsten?

,,Im Bereich der Mobilität sind das – wohl wenig überraschend – Flugtaxis. Sie haben das Potential, unsere Mobilität und auch die Attraktivität des ländlichen Raums grundlegend zu verändern, und zwar zum Besseren. In der Medizin finde ich alles spannend, was der Krebsbekämpfung dient. Vom Einsatz von KI-Systemen zur besseren Früherkennung von Tumoren bis hin zu Nanopartikeln in der Blutbahn, die Krebszellen aufspüren sollen.“

Frankreich verbietet gerade Handys an Schulen – sinnvoll?
,,Nein. Verbote helfen nicht weiter, wenn die Kinder ihre Eltern den ganzen Tag am Smartphone hängen sehen. Lieber sinnvolle Einbindung in den Unterricht und klare Regeln, wann der Flugmodus an sein muss.“

Wie regeln Sie denn die Handynutzung bei Ihren eigenen Kindern?
,,Die Älteste hat ein Smartphone, seit sie jeden Tag mit dem Zug ins Gymnasium fährt. Da ist es einfach besser, Kontakt zu halten. Bei den beiden Kleinen – mit diesem Schuljahr beides Grundschüler – ist zwar der Wunsch da, aber sie müssen noch warten.“

Stichwort Kinder – wie bringen Sie Ihren Job und ihre drei Kinder unter einen Hut?

,,Diese Frage beantworte ich erst, wenn Sie sie auch Männern stellen, die sie interviewen (lacht).“

Vor rund zwölf Jahren kam das iPhone auf den Markt. Es hat die Welt verändert. Wagen Sie einen Ausblick ins Jahr 2030: Wie sieht unsere Zukunft aus?

,,Wahrscheinlich ganz anders, als wir sie uns vorstellen: Weniger haben, mehr nutzen, und das ganze vielfältiger. Beispielsweise werden weniger Menschen ein eigenes Auto haben, sondern situativ das Fortbewegungsmittel nutzen, das sie in dem Moment brauchen, ob das Flugtaxi, autonomes Auto oder Pedelec ist. Und genau so wird das in vielen anderen Bereichen aussehen.“

Welches sind Ihre drei Lieblings-Apps?
,,Kamera, Spotify und Instagram.“

Und was sind die drei wichtigsten Menschen, denen Sie selbst in den sozialen Medien folgen?
,,Der Kanzlerin folge ich natürlich auf Instagram, man muss ja wissen, was die Chefin macht. Donald Trump folge ich auf Twitter, als Beispiel wie man es nicht macht – und um zu wissen, wann der nächste Skandal kommt. Und ansonsten habe ich ein wildes Sammelsurium.“

Das Interview führte MarktSpiegel-Chefredakteur Peter Maskow

Autor:

Redaktion MarktSpiegel aus Nürnberg

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