Lizenzen für Online-Glücksspiel
Viele Angebote in Deutschland illegal

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Lange Zeit fand Online-Glücksspiel hierzulande in einer Grauzone statt. Der Glücksspielstaatsvertrag aus dem Jahr 2021 sollte diese missliche Situation grundlegend ändern: Seitdem gibt es ein staatliches Lizenzierungsverfahren - lizenzierte Unternehmen können ihre Portale legal betreiben und bewerben. Doch ein Blick auf den momentanen Glücksspielmarkt ernüchtert. Weiterhin sind viele Angebote illegal.

Eine aktuelle Untersuchung des Fachportals GambleBase.com kommt zum Ergebnis, dass sich ein Großteil der Internetwerbung auf illegale Plattformen bezieht. Laut der Auswertung verweisen über 90 % der Werbelinks auf Unternehmen, die keine staatliche Lizenzierung aufweisen. Das überrascht nicht: Bisher verfügen nur wenige Anbieter über die erforderliche Erlaubnis.

Lizenz für Online-Glücksspiel: Behörde listet legale Plattformen auf

Mit dem Glücksspielstaatsvertrag ermöglichen die zuständigen Bundesländer, in den Bereichen Automatenspiele, Poker und Casino legal Online-Glücksspiel durchzuführen. Das setzt eine staatliche Lizenz voraus: Firmen müssen strenge Kriterien erfüllen, um diese Erlaubnis zu erhalten. Sie müssen zum Beispiel aktiv gegen Spielsucht vorgehen und ihre Angebote transparent gestalten.

Die Entscheidung im Lizenzierungsverfahren trifft momentan ein Gremium der Bundesländer, für die bürokratische Umsetzung ist das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt verantwortlich. Diese Behörde veröffentlicht auf ihrer Homepage mindestens ein Mal im Monat eine Whitelist, die alle lizenzierten Unternehmen enthält.

Aktuell ist die Liste kurz - so viele Lizenzen hat die Behörde bisher verteilt (Stand: 10.11.2022):

- virtuelle Automatenspiele: 14
- Online-Poker: 0
- Online-Casino: 0

Bei dieser dürftigen Bilanz überrascht nicht, dass laut GambleBase.com die Online-Werbung für Glücksspiele weit überwiegend illegal ist.

Ausnahmen: Tolerierung bestimmter Anbieter

Die erwähnte Whitelist bedeutet aber nicht, dass sämtliche anderen Plattformen illegal sind. Für einige Unternehmen gilt eine Übergangsregelung, sofern sie vor dem 01.07.2021 auf dem deutschen Markt präsent waren und einen Lizenzantrag gestellt haben. Während des Lizenzierungsprozesses dürfen sie ihre Plattformen weiterbetreiben, jedoch nicht aktiv bewerben.

Eine weitere Sonderregelung existiert für Firmen, die am 30.06.2021 über eine Lizenz im Land Schleswig-Holstein verfügt haben. Wenn sie rechtzeitig einen Erlaubnisantrag beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt eingereicht haben, gilt die ursprüngliche Erlaubnis bis Ende 2024. Sie ist aber weiterhin auf Schleswig-Holstein begrenzt.

Ist-Zustand: Lizenzierungsverfahren mit mäßigem Einfluss

Das Portal GambleBase.com hat sich in seiner Untersuchung explizit mit Werbung für Online-Glücksspiel befasst. Hier ist die rechtliche Situation klar: Nur Anbieter mit gültiger Lizenz dürfen ihre Plattform bewerben oder durch Dritte bewerben lassen. Antragssteller, bei denen die Lizenzierung noch aussteht, dürfen keine Werbung betreiben.

Konkret bedeutet dies: Bundesweit dürfen nur die 14 lizenzierten Unternehmen im Bereich Automatenspiele durch Marketing Umsätze generieren. In den Segmenten Online-Poker und Online-Casino ist dies momentan keinem Akteur gestattet.

In der Studie wurde aufgezeigt, dass diese gesetzlichen Regelungen kaum jemanden zu interessieren scheinen. Die Verantwortlichen analysierten beliebte Werbekanäle wie Google und prüften bei entsprechender Werbung, ob der jeweilige Anbieter eine Lizenz aufweist. Das Resultat erschreckt:

- Von 119 über Google werbende Unternehmen verstoßen 92,4 % gegen das Gesetz.
- Rund 98 % der Links in der organischen Google-Suche sind illegal. Bei der bezahlten Google-Werbung erhöht sich dieser Anteil auf 99,42 %.

Illegales Online-Glücksspiel und Werbung: Handlungsbedarf offensichtlich

Grundsätzlich reguliert der Gesetzgeber den Markt an Online-Glücksspielen streng. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält vielfältige Anforderungen, die Anbieter für eine erfolgreiche Lizenzierung erfüllen müssen. Zugleich schränkt er die Werbung ein. Werbeanzeigen im Internet sowie im Rundfunk sind zum Beispiel ausschließlich zwischen 21 Uhr und 6 Uhr erlaubt, variable Vergütungen beim Affiliate-Marketing sind verboten.

Die Praxis zeigt aber, dass sich nur wenige Anbieter und Werbetreibende an diese Regelungen halten. Wer illegal im Internet Glücksspiel anbietet oder bewirbt, begeht eine Ordnungswidrigkeit: Behörden können eine Geldbuße bis zur Höhe von 500.000 Euro verhängen. Eine abschreckende Wirkung dieser Sanktionsdrohung bleibt bisher aus. Es mangelt am Vollzug: Den beteiligten Behörden fehlt es an personellen Ressourcen, um Verstöße zu identifizieren und entsprechende Bußgeldverfahren einzuleiten.

Diesen Zustand prangern auch mehrere Länderkoordinatoren Glücksspielsucht in einem gemeinsamen Papier an. Unter anderem die Verantwortlichen von Berlin, Hamburg und Niedersachsen fordern, die bestehenden Regelungen konsequent umzusetzen. Darüber hinaus plädieren sie für eine weitere Verschärfung des Glücksspielvertrags: Sie wollen das Affiliate-Marketing in diesem Sektor zum Beispiel komplett verbieten.

Verfehlt der Glücksspielstaatsvertrag 2021 sein Ziel?

Mit der Neuregelung des Glücksspielstaatsvertrags wollten die Bundesländer die bis dato existierende Grauzone überwinden und Klarheit schaffen. Interessierte User sollten ihr Geld bei staatlich lizenzierten und kontrollierten Anbietern einsetzen, illegales Glücksspiel im Internet sollte der Vergangenheit angehören.

Die Zwischenbilanz ist bescheiden. Bei der Werbung für virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casino sind keine relevanten Effekte zu beobachten. Es hakt an mehreren Stellen: Erstens mangelt es an eingeleiteten Bußgeldverfahren, welche eine abschreckende Wirkung erzielen könnten. Zweitens können Verbraucher legale Angebote kaum von illegalen Varianten unterscheiden. Nur wenige informieren sich auf der Whitelist des Landesverwaltungsamts - hier wäre mehr Sichtbarkeit für legales Glücksspiel geboten.

Drittens benötigt das zuständige Ländergremium zu viel Zeit für das Lizenzierungsverfahren. Ab Anfang 2023 übernimmt die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder diese Aufgabe. Dann besteht die Chance, dass Anbieter schneller ihre Lizenz erhalten und es somit mehr legales Glücksspiel im Internet gibt.

Autor:

Arthur Kreklau aus Fürth

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