Steigerwald: Bund Naturschutz reicht Klagebegründung beim Bundesverwaltungericht in Leipzig ein

Bei einer Pressekonferenz in Nürnberg teilten Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz, Rechtsanwalt Wolfgang Baumann und Richard Mergner, Landesbeauftrager BUND Naturschutz (v.l.), die Gründe für das Revisionsverfahren mit. | Foto: Nicole Fuchsbauer
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  • Bei einer Pressekonferenz in Nürnberg teilten Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz, Rechtsanwalt Wolfgang Baumann und Richard Mergner, Landesbeauftrager BUND Naturschutz (v.l.), die Gründe für das Revisionsverfahren mit.
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Grundsatzentscheidung für den Naturschutz - Deutschlandweiter Präzedenzfall mit hoher Bedeutung

REGION (nf) - Wo könnte der dritte bayerische Nationalpark entstehen? Im Steigerwald, im Spessart oder in der Rhön? Geht es nach der Bayerischen Staatsregierung, wäre der Steigerwald schon aus dem Rennen. Seit Jahren gibt es um den Nationalpark Steigerwald bitterböse Auseinandersetzungen. Es ist ein kompliziertes Geflecht von Befürwortern und Gegnern, Gesetzen und Verordnungen, politischen und handfesten wirtschaftlichen Interessen. Waren zu Beginn der Diskussionen die Gegner eines Nationalparkes Steigerwald in der Mehrzahl, habe sich der Wind nun gedreht, so Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz. Viele wollen die Idee, dass ein Teil des Steigerwaldes zum Nationalpark wird, nicht aufgeben.

Nicht zuletzt deshalb hat im Auftrag des BUND Naturschutz (BN) die Anwaltskanzlei Baumann (Würzburg) Revision gegen ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtes ( 28. Juli 2016) eingelegt, in dem die Aufhebung des Geschützten Landschaftsbestandteil ,,Hoher Buchener Wald“ im Steigerwald bei Ebrach für rechtens erklärt worden war. Nun wurde zum Revisionsverfahren beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Klagebegründung eingereicht. Hubert Weiger, Vorsitzender des BN: ,,Diesem Fall kommt eine grundsätzliche Bedeutung zu. Es handelt sich um einen deutschlandweiten Präzedenzfall, mit dem die Möglichkeiten ausgelotet werden können, wie durch die Ausweisung geschützter Landschaftsbestandteile mehr Lebensraumschutz in Deutschland zu realisieren ist - eine Schicksalsentscheidung. Wir sind hoffnungsvoll, dass das Bundesverwaltungsgericht unserer Rechtsauffassung folgt und die Aufhebung des Ebracher Schutzgebietes rückgängig macht.“

Rechtsanwalt Wolfgang Baumann: ,,Ziel der Revision ist es, diese Aufhebungsverordnung der Regierung von Oberfranken für unwirksam zu erklären, erforderlichenfalls nach einer Zurückweisung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Im Ergebnis wäre dann der betreffende Buchenwald weiterhin im Umfang von 775 Hektar unter besonderen Schutz gestellt und könnte nicht - unter anderem aufgrund forstwirtschaftlicher Maßnahmen - Schaden nehmen.“ Die Revisionsbegründung wurde am 20. Februar 2017 in einem über 100 Seiten umfassenden Schriftsatz beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht.

Die Revisionsgründe sind umfangreich und für den Laien kompliziert. Vereinfacht dargestellt kann man die Gründe so beschreiben:

Der Rechtsauffassung, nach der ein ,,Geschützter Landschaftsbestandteil“ sich von der umgebenden Landschaft optisch abgrenzen lassen muss, wird als überholt angesehen. Auch dass der Verwaltungsgerichtshof (VGH) die Biotopvernetzung als besonderen Grund der Unterschutzstellung nicht gewürdigt hat, wird bemängelt.

Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet, weil sich unter anderem Bayern weigert, FFH-Gebiete (FFH-Gebiete sind spezielle europäische Schutzgebiete in Natur- und Landschaftsschutz, die nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ausgewiesen wurden und dem Schutz von Pflanzen (Flora), Tieren (Fauna) und Habitaten (Lebensraumtypen) dienen, die in mehreren Anhängen zur FFH-Richtlinie aufgelistet sind. FFH-Gebiete sind ein Teil des Natura 2000-Netzwerkes) durch eine förmliche Schutzanordnung unter förmlichen Schutz zu stellen. Diese Verpflichtung, so Rechtsanwalt Baumann, hätte das Land schon vor mehr als zehn Jahren erfüllen müssen.

Der VGH habe dadurch, dass er die Unterschutzstellung aufgehoben hat, stillschweigend gebilligt, dass das FFH-Gebiet schutzlos bleibt und damit selbst gegen die FFH-Richtlinie verstoßen. Rechtsanwalt Baumann: ,,Der VGH verkennt dabei auch die Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichtes im Urteil vom 26. November 2015 (7 CN 1/14), die klargestellt hat, dass eine Behörde nicht nur Norm aufhebend, sondern gerade auch Norm setzend und Norm ändernd tätig werden muss, wenn die Rechtslage das gebietet."

Eine Entscheidung ist nicht vor einem Jahr zu erwarten.

Hintergrund-Infos:

– Rotbuchenwälder prägten weite Teile der Urlandschaft Deutschlands. Jedoch wurden diese Wälder im Laufe der Kulturgeschichte nahezu vollständig zerstört und sind heute nur noch auf etwa 7 Prozent ihres ursprünglichen Areals zu finden. In vielen Fällen wurden die Wälder in Kiefernwälder umgewandelt. Eigentlich bei uns beheimatet wäre aber die Weiß-Tanne (im Vergleich zur gemeinen Fichte mit hellgrauer Borke). Die Bundesrepublik Deutschland und die Bundesländer haben ihre Verantwortung für den Erhalt der Buchenwälder als nationales und zugleich Welt–Naturerbe erkannt. Mit der Nominierung einiger ausgewählter Buchenwaldgebiete zum „UNESCO-Weltnaturerbe“ verpflichtet sich Deutschland, nicht nur für diese Einzelgebiete, sondern darüber hinaus für alle deutschen Buchenwälder Schutz- und Bewirtschaftungskonzepte zu entwickeln, die im Sinne der Biodiversitätskonvention wirksam umgesetzt werden. Bisher zu wenig, um internationale Verpflichtungen zu erfüllen.

– Im Mittelpunkt der Nationalpark-Überlegungen, so der BUND Naturschutz, stehen zwei ausgedehnte Laubwald-Komplexe mit zusammen rund 11.000 Hektar, die ausschließlich aus Staatswald bestehen. Damit wäre nur ein kleiner Teil des 128.000 Hektar große Naturparks vom Nationalpark betroffen. Der südliche Teil mit 4.700 Hektar gehört überwiegend zum Landkreis Bamberg, der nördliche mit 6.200 Hektar zu den Landkreisen Haßberge und Schweinfurt. Der Nordsteigerwald könnte als ,,Weltnaturerbe“ nachgemeldet werden, ist für einen Nationalpark gut geeignet und könnte als Naturerbe von Weltrang das Kulturerbe der nahe gelegenen Städte Bamberg und Würzburg ideal ergänzen und für wirtschaftliche Impulse in der ländlichen Region sorgen.

Bericht über den Baumwipfelpfad Ebrach mit Bildern hier

Bei einer Pressekonferenz in Nürnberg teilten Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz, Rechtsanwalt Wolfgang Baumann und Richard Mergner, Landesbeauftrager BUND Naturschutz (v.l.), die Gründe für das Revisionsverfahren mit. | Foto: Nicole Fuchsbauer
Blick vom Baumwipfelpfad Ebrach über den Steigerwald. | Foto: Nicole Fuchsbauer
Autor:

Redaktion MarktSpiegel aus Nürnberg

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