Energieeffizienz bei Gesundheitsimmobilien
Der kranke Mann des Gebäudesektors?

Gesundheitsimmobilien im Energiechaos: Die dringende Herausforderung für eine nachhaltige Zukunft. Bild: Freepik, macrovector
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REGION (von Andreas Blassy) – Die Energieeffizienz von Gebäuden ist ein zentrales Thema unserer Zeit – politisch und ökonomisch. Das sogenannte Heizungsgesetz der deutschen Bundesregierung, offiziell Gebäudeenergiegesetz (GEG), beweist dies eindrücklich. Jedoch liegt hier der Fokus der Diskussion vor allem auf privaten Wohnbauten. Dass andere Gebäudesektoren wie Gesundheitsimmobilien genauso dringend eine Runderneuerung benötigen, fällt leider unter den Tisch. Krankenhäuser, Pflegeheime, Reha-Kliniken oder Labore spielen eine entscheidende Rolle für unsere Gesellschaft, verbrauchen aber noch zu ineffizient Energie. Zugespitzt könnte man sie als kranken Mann des Gebäudesektors bezeichnen. Wie lauten die Hintergründe? Welche Maßnahmen können echten Fortschritt bringen?

Zur Ausgangslage: Der Energieverbrauch in Gesundheitsimmobilien ist enorm hoch. Bricht man ihn für ein Krankenhaus auf ein Bett herunter, beträgt der jährliche Stromverbrauch ca. 5.800 Kilowattstunden und in puncto Wärme ca. 29.000 Kilowattstunden. Natürlich verbraucht dies nicht der Patient allein. Doch ist es das, was pro Bett kalkuliert werden muss. Ein Großteil dieses Energieverbrauchs entsteht u.a. für Heizung bzw. Dampf- und Warmwasser. Aber auch OP-Räume, Beleuchtungssysteme, Labore, Verwaltung, Reinigung, Wäschereien, Verpflegung und Forschungsaktivitäten benötigen beträchtliche Energiewerte – speziell zur Einhaltung von Hygienestandards. Hinzukommt die Regelung von Kälte und Luft bei ineffizienten Anlagen mit in Teilen hohen Energieverlusten. Die fortschreitende Digitalisierung im Gesundheitswesen wird den Bedarf an Energie sogar weiter ansteigen lassen.

Welche Gebäudetechnik macht bei Gesundheitsimmobilien Sinn?

Gastautor Andreas Blassy (Head of Digital & Energy Advisory Services, Caverion Deutschland) über die Energieeffizienz bei Gesundheitsimmobilien. | Foto: Caverion Corporation
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In 2019 waren 57 Prozent der Krankenhäuser mit Blockheizkraftwerk ausgestattet, 98 Prozent davon wurden fossil betrieben. Lange und ineffiziente Entscheidungsprozesse verzögern echten Fortschritt in der Branche bis heute.

Um nun den gewaltigen Energieverbrauch zu reduzieren, sind umfassende Maßnahmen erforderlich. Zunächst sollte in jedem Gebäude eine Bestandsaufnahme des tatsächlichen Energieverbrauchs durchgeführt werden. In den meisten Einrichtungen ist allein dies schon eine komplexe Aufgabe: Denn gerade bei Kliniken hat man über die Jahrzehnte, bei manchen traditionsreichen Häusern sogar über Jahrhunderte, ständig angebaut. So sind komplizierte und verschachtelte Liegenschaften entstanden, bei denen der Überblick völlig fehlt.

Dazu kommt, dass teilweise verschiedene „Unter“-GmbHs unter einem Dach für überschneidende Tätigkeiten verantwortlich sind, was eine transparente Darstellung und Analyse weiter erschwert. Erschwerend ist auch, dass Einsparungen bei den Energiekosten selten den tatsächlichen Aufwendungen für Energieeffizienz gegenübergestellt werden.

Derart komplexe Einbauten erschweren in Kombination mit lückenhafter Dokumentation eine Bestandsaufnahme. Weitere wichtige Fragen dafür lauten: Wo wird überschüssige Wärme, Kaltluft und Strom verbraucht? Wo entsteht vermeidbarer Energieverlust? Welche Redundanzen sind zu ressourcenintensiv? Welche Energie kann für den IT-Betrieb eingespart werden? Solange diese Punkte ungeklärt bleiben, kann nicht von einer intelligenten Bestandsaufnahme gesprochen werden.

Nachdem dann idealerweise ein genaues Bild des Ist-Zustands vorliegt, sollten mehrere Maßnahmen im Zentrum von Gebäudetechnikern stehen. Dazu gehören vor allem und im ersten Schritt eine angepasste Regelungstechnik, und Hydraulik verbessernde Maßnahmen sowie die Installation von Messtechnik. Außerdem empfehlen sich idealerweise moderne Gebäudeleittechnik und ein digitales Energiemonitoring. Erst dann macht der vollständige Ausbau regenerativer Energieträger komplett Sinn.

Zudem muss die Sanierung der Gebäudehülle eine extrem hohe Priorität haben. Ziel dieser Maßnahme ist es, den Wärmeverlust zu verhindern und somit den Heizbedarf zu reduzieren. Darüber hinaus müssen auch die Anlagentechnik, die Geräteauslastung und das Nutzerverhalten optimiert werden. Dabei sollte nicht unterschätzt werden, wie viel Energie allein Kantinen, Küchen oder Wäschereien in Krankenhäusern verbrauchen können. Pflegeimmobilien wiederum sind oft an Lieferverträge gebunden, was die Wartung technischer Anlagen erschwert. Um effizientere Anlagensteuerung zu ermöglichen, müssten Lieferanten unter Umständen auf Einnahmen verzichten, was eine Herausforderung darstellen kann. Wichtig ist es aber zu betonen, dass es keine pauschale Lösung gibt, sondern dies immer erst nach einer umgehenden Analyse gemeinsam mit dem Kunden entscheiden wird. Und je nach Anforderung, technischer Ausstattung und technischen und finanziellen Möglichkeiten ergeben sich Ablaufplan und Maßnahmenkatalog.

Ansprüche und Nachfragen steigen – Betreiber von Gesundheitsimmobilien gefordert

Ohne den Gesundheitssektor schaffen wir aber den Transformationsprozess hin zu mehr Energieeffizienz nicht. Denn es gibt allein 1.900 Krankenhäuser und fast 11.700 Pflegeheime. Ein signifikanter Anteil davon läuft Stand heute leider energieineffizient und fossil.

Während die Zahl Ersterer aufgrund politischer Vorhaben zurückgehen soll - größere, leistungsfähigere Standorte dies aber auffangen können- werden es bei Pflegeheimen sicher mehr werden. In jedem Fall wird die Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen steigen. Schließlich altert unsere Bevölkerung und nimmt durch Einwanderung weiter zu. Auch dies macht es umso notwendiger, jetzt die Weichen für eine nachhaltige und energieeffiziente Zukunft zu stellen.

Das vor Jahren ins Leben gerufene Konzept „Einsparcontracting“ war und ist immer noch die Hoffnung von einigen Betreibern ihre Anlagen möglichst kostenneutral zu sanieren. Aber durch ausufernde Vertragswerke und nicht kalkulierbare Risiken auf beiden Seiten ist dies mittlerweile überholt und nur noch in seltenen Ausnahmefällen anwendbar.

Des Weiteren ist es auch utopisch zu erwarten, dass interne und externe Facility-Management-Dienstleister dieses Thema „nebenbei“ mit erledigen. Derjenige welcher dies erwartet und auch derjenige, der das mit anbietet sind unseriös und naiv. Dieses Niveau und diese Expertise können nur von Energieeffizienz-Experten angegangen werden. Und ja, diese können auch Teil eines technischen Gebäudedienstleisters sein.

Dabei darf natürlich keine Maßnahme zu Lasten der Gesundheitsimmobilien gehen. Die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Häuser und die Versorgungssicherheit muss stets gewährleistet sein. Packt man es richtig an – auch mit ausreichender und flexibler staatlicher Förderung - kann der Gebäudesektor zum Vorreiter für Energieeffizienz und Nachhaltigkeit werden.

Autor: Andreas Blassy (Head of Digital & Energy Advisory Services, Caverion Deutschland)

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Arthur Kreklau aus Fürth

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