Jetzt ermittelt die Kripo
UPDATE: Selbsternannte Klimaschützer blockierten auch die Straßenbahn

Foto:  Silas Stein/dpa/Symbolbild

UPDATE: Wie berichtet, kam es am Dienstag (16. August 2022) der Nürnberger Innenstadt zu einer Blockadeaktion von Klimaaktivisten. Einsatzkräfte der Polizei lösten die nicht angezeigte Versammlung auf.

Gegen 12:00 Uhr betraten mehrere Personen zeitgleich die Fahrbahnen am Bahnhofsplatz. In der Folge klebten sich 16 Personen auf der Fahrbahndecke fest oder befestigten sich in einigen Metern Höhe an Gegenständen wie dortigen Ampel- und Oberleitungsmasten sowie eigens mitgebrachten Dreibeinen aus Metall. Darüber hinaus ließen sich weitere Personen mit Transparenten und anderen Kundgebungsmitteln auf der Fahrbahn nieder, um den Fahrzeugverkehr zu blockieren.

Einsatzkräfte der Polizei sperrten den betroffenen Bereich umgehend ab. Der Fahrzeugverkehr wurde weiträumig umgeleitet. Die Fahrzeuge, die unmittelbar von den Aktivisten blockiert worden waren, konnten nach Eintreffen der Polizei nach und nach ausgeleitet werden. Zu länger andauernden Verkehrsbehinderungen im direkten Umfeld des Hauptbahnhofs kam es auf Grund der zügigen polizeilichen Maßnahmen anschließend nicht mehr.

Von der Blockade in die Klinik

Die Polizei wertete die Blockadeaktion als nicht angezeigte Versammlung und löste diese auf. Bereits hinzugezogene Einsatzkräfte der Nürnberger Berufsfeuerwehr unterstützten die Polizeibeamten dabei, indem sie festgeklebte Personen von der Fahrbahn lösten oder mit einer Drehleiter zu Boden brachten. Die Arbeiten der Einsatzkräfte wurden durch den Rettungsdienst sowie einen Notarzt medizinisch begleitet. Eine Person, die sich am Metallrohr eines Dreibeins festgeklebt hatte, musste mit hydraulischem Gerät von der Konstruktion getrennt werden. Um das restliche Metallstück von der Hand der betroffenen Person zu lösen, brachte der Rettungsdienst diese im Anschluss in ein Krankenhaus.

Im Zuge der Einsatzmaßnahmen konnte die Fahrbahn in Richtung Bahnhofstraße um 13:30 Uhr wieder für den Verkehr freigegeben werden. Die Straße in Fahrtrichtung Plärrer blieb bis zum Ende der polizeilichen Maßnahmen gegen 15:00 Uhr gesperrt. Ebenso musste der Straßenbahnverkehr auf dem Bahnhofsplatz für die gesamte Dauer des Einsatzes eingeschränkt werden.

Die Einsatzkräfte der Polizei führten die an der Blockadeaktion beteiligten Personen einer Identitätsfeststellung zu. Das zuständige Fachkommissariat der Nürnberger Kriminalpolizei leitet wegen des Verdachts der Nötigung entsprechende strafrechtliche Ermittlungsverfahren ein. Nach aktuellem Kenntnisstand wurden während des Einsatzes weder Kräfte von Polizei und Feuerwehr noch Aktivisten verletzt.

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NÜRNBERG (nf) - Rund um den Hauptbahnhof bis zum Plärrer sowie auf den Umleitungsstrecken geht im Moment gar nichts mehr. Grund: Mehrere Gruppen (,,Letzte Generation", ,,extinction rebellion", ,,Ukama") blockieren seit genau 100 Sekunden vor 12 Uhr mittags den Altstadtring in Nürnberg. Bewährte Methode: Sich mit Sekundenkleber selbst auf die Straße kleben.

Der Zeitpunkt soll an die Weltuntergangsuhr des Bulletin of the Atomic Scientists erinnern, die da sagt: Es ist 100 Sekunden vor 12. Bis jetzt hat sich ein nicht gerade klimafreundlicher Stau gebildet - die Gruppen blockieren mit ihrer Aktion auch die Straßenbahnen. Diese Art des Protestes, die zwanghaft Einfluss auf andere nimmt, wählen die Aktivisten, weil sie (nach eigenen Angaben) für das Recht auf Leben demonstrieren. Sie fordern einen sozial-ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft. Die  Gruppen bezeichnen ihr radikales Vorgehen als zivilen Ungehorsam, von behördlicher Seite wird es eher auf Nötigung hinauslaufen.

Natürlich kommt der Protest nicht von ungefähr. Es gibt auch gute Gründe. 

Für viele Menschen ist es unverständlich, warum das sogenannte Container verboten ist. Aktivist Jörg Alt SJ, der Jesuitenpater ist, sagt dazu: ,,Uns geht es um die Erfüllung von Grundrechten und Wahlversprechen und den Amtseid der Politik, das Wohl der Bevölkerung zu mehren und Schaden von ihr abzuhalten. Hier geht es zu langsam voran. Zum Beispiel: Unsere Aktionsreihe gegen die systematische Vernichtung von Lebensmitteln durch Supermärkte hat bis heute nicht zu einer Entkriminalisierung des ,Containerns' oder zu einem Essen- Retten-Gesetz geführt. Friedliche Autobahnblockaden und die fatale, durch den Ukrainekrieg erkennbar gewordene, Abhängigkeit von fossilen Energien haben noch nicht die notwendigsten Erst-Maßnahmen wie eine Verkehrswende erwirkt, wo mit einfachen Mitteln viel Einsparungen möglich wären – etwa durch ein Tempolimit oder autofreie Sonntage.“

Wie demokratisch sind die Klimakämpfer?

Henning Jeschke, Letzte Generation: „Wir steuern in eine Klimahölle. Vor einem knappenJahr waren ich und andere Bürger in einem Hungerstreik und haben danach friedlich Autobahnen blockiert – mit Erfolg: Wir haben damit die Gesellschaft und Politik aufgerüttelt, aber die bayrische und die Bundesregierung erlauben wenigen Reichen und ihren Handlangern weiterhin, dass durch ihre CO2-Sucht Milliarden Menschen entlang des Äquators aus ihren Heimatregionen vertreiben werden – ohne Umkehr. Deshalb stehen immer mehr Teile der Gesellschaft, Politiker und nun auchVertreter der Kirche wie Jörg Alt im Widerstand auf den Straßen zusammen: Um ihre gesellschaftliche Aufgabe wahrzunehmen und die Regierung in der Klimakatastrophe an ihre moralische Verantwortung den Menschen gegenüber zu erinnern. Es bleiben wenige Jahre, ehe zu viel Wald verbrannt ist, zu viel Eis geschmolzen, zu viele Arten ausgerottet. Wenn die Regierung der jungen Generation den Krieg erklärt, haben jeder und jede Einzelne jetzt die Abwägung zu treffen, auf welcher Seite der Geschichte er oder sie stehen.“

Klassenkampfthesen unterm Klimamantel?

Florian Henig, Extinction Rebellion Nürnberg: „Wir sind der Feuermelder der drohenden Klimakatastrophe. Man kann uns wegsperren und stummstellen, aber die Probleme löst das nicht. Dieser Sommer zeigt wieder deutlich, wie zugespitzt die Klimakrise bereits ist. Einzelne Interessengruppen zerstören unsere Erde für schnelle Profite und das Klimasystem reagiert immer heftiger. Es geht um unsere Zukunft und die Zukunft unserer Kinder. Diese ist zu kostbar, um sie Wissenschaftsfeinden oder Wirtschaftslobbys zu überlassen. Noch haben wir eine Chance, eine lebenswerte Zukunft für alle zu sichern! Um den unausweichlichen gesellschaftlichen Wandel demokratisch zu gestalten, fordern wir die Einführung einer Bürgerversammlung, die bindende Rahmenbedingungen ausarbeiten wird.“

Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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