Auto-Konzern will Milliarden sparen
VW streicht Stellen bei MAN

Die Standorte Steyr in Österreich, Plauen (Sachsen) und Wittlich (Rheinland-Pfalz) könnten den Umbauplänen zum Opfer fallen. | Foto: MAN Truck & Bus SE
  • Die Standorte Steyr in Österreich, Plauen (Sachsen) und Wittlich (Rheinland-Pfalz) könnten den Umbauplänen zum Opfer fallen.
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MÜNCHEN/WOLFSBURG (dpa) - Volkswagen setzt bei seiner Lkw- und Bustochter MAN in der Corona-Krise noch stärker den Rotstift an als erwartet. In Deutschland, Österreich und weltweit sollen bei MAN Truck & Bus bis zu 9500 Stellen wegfallen, wie MAN am Freitag in München mitteilte. Davon seien alle Unternehmensteile betroffen. Bis 2023 soll so eine Ergebnisverbesserung von rund 1,8 Milliarden Euro erreicht werden. Zumindest sind das die "derzeitigen Überlegungen" des neu formierten Managements. Nun geht es in die absehbar hitzige Diskussion mit den Arbeitnehmern.

Teil der Pläne von MAN-Chef Andreas Tostmann ist auch die teilweise Verlagerung von Produktion und Entwicklung an andere Standorte. "Wir stehen vor großen Herausforderungen durch den technologischen Wandel - bei Digitalisierung, Automatisierung und alternativen Antrieben", sagte Tostmann. "Wir brauchen deshalb eine Neuaufstellung von MAN Truck & Bus, um deutlich innovativer, digitaler und nachhaltig profitabler zu werden." Der Produktionsstandort im österreichischen Steyr und die Betriebe in Plauen (Sachsen) und Wittlich (Rheinland-Pfalz) könnten den Umbauplänen ganz zum Opfer fallen.

Seit Längerem steht bei MAN ein großer Stellenabbau im Raum, weil dem Unternehmen die Kosten schon vor der Corona-Krise zu hoch waren. MAN gehört wie die schwedische Schwestermarke Scania und die brasilianische VW-Tochter Volkswagen Caminhoes e Onibus zur VW-Nutzfahrzeugholding Traton. MAN ist zwar der größere Teil des schweren VW-Nutzfahrzeuggeschäfts, die Profitabilität von Scania ist in aller Regel aber besser, auch weil sich die Schweden auf die großen Schwerlast-Lkw konzentrieren.

Zuletzt war in Medienberichten von der Streichung von rund 6000 der 36 000 Stellen bei MAN Truck & Bus die Rede gewesen. Im Juli musste allerdings Traton-Chef Andreas Renschler in einer größeren Personalrochade genauso weichen wie Joachim Drees bei MAN. Die Führungsspitze hatte sich bei dem Vorhaben eines größeren Umbaus bei der Arbeitnehmerseite durch vorschnelle Äußerungen über Gespräche wenig Freunde gemacht. Der Wolfsburger Mutterkonzern schickte den ehemaligen VW-Markenproduktionschef Tostmann als MAN-Chef nach München, bei der Traton-Holding übernahm deren Ex-Finanzchef Matthias Gründler.

Gründler und Tostmann wollen MAN bis zur Mitte des Jahrzehnts zu einem führenden Nutzfahrzeughersteller bei Elektro- und Wasserstoffantrieben machen. Hersteller schwerer Nutzfahrzeuge müssen in der EU wie auch bei Pkw in den kommenden Jahren die klimaschädlichen CO2-Emissionen der neu verkauften Fahrzeuge deutlich senken, weswegen auch die Konkurrenz von Daimler und Volvo verstärkt auf Elektro- und Wasserstoffantriebe setzt.

Für den Umbau veranschlagt MAN Kosten im mittleren bis oberen dreistelligen Millionenbereich. Nun sollen zeitnah Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern aufgenommen werden. Darin sollen auch Details einer "sozialverträglichen Vorgehensweise" besprochen werden. In Deutschland gilt für die Tarifbeschäftigten ein Kündigungsschutz bis 2030. Der Vorstand wolle die Zukunft des Unternehmens in einer sich rasant ändernden Welt sichern, sagte Tostmann. "Wir haben die Arbeitnehmerseite daher gebeten, unser Gesprächsangebot anzunehmen", sagte der Manager.

Die Branche ist derzeit hart von der Corona-Krise getroffen: Speditionen und andere Kunden überlegen sich in wirtschaftlich unsicheren Zeiten mehr als einmal, ob sie hohe Investitionen in neue Lkw und Busse schultern können. Im zweiten Quartal sackten die Bestellungen für Lkw und Busse bei Traton im Jahresvergleich um 41 Prozent auf 33 270 Fahrzeuge ab. Im Gesamtjahr rechnet die Gruppe trotz einer schrittweisen Erholung mit einem "drastischen Absatzrückgang" und kann einen Verlust nicht ausschließen. Auch vor der Covid-19-Ausnahmesituation drohte schon ein scharfer Abschwung in der Branche, die als sehr konjunktursensibel gilt.

Auch bei Scania läuft ein weitreichender Stellenabbau, rund 5000 Jobs sollen bei den Schweden wegfallen. MAN und Scania waren sich früher als Rivalen spinnefeind, bis VW sie in einem gemeinsamen Nutzfahrzeuggeschäft bündelte, auch um den bei schweren Nutzfahrzeugen weltweit führenden Daimler-Konzern anzugreifen. Am Vortag hatten VW und Traton dazu auch ihr milliardenschweres Übernahmeangebot für den US-Truckhersteller Navistar erhöht und bieten für die restlichen Anteile 3,6 Milliarden US-Dollar.

Autor:

Arthur Kreklau aus Fürth

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