Selbstkritik Fehlanzeige
Rücktritt: Jette Nietzard (Grüne) und ihre Links-Außen-Thesen

Nietzard eckte immer wieder mit umstrittenen Äußerungen an. (Archivbild) | Foto: Michael Kappeler/dpa
  • Nietzard eckte immer wieder mit umstrittenen Äußerungen an. (Archivbild)
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  • Mit ihren Wortmeldungen löste sie immer wieder Kontroversen aus. 
  • Nun will Grüne-Jugend Chefin Jette Nietzard nicht erneut kandidieren. 
  • Selbstkritik ist aber nicht der Grund.

Berlin (dpa) - Unter heftigen Vorwürfen gegen Mitglieder ihrer eigenen Partei hat die Co-Chefin der Grünen Jugend, Jette Nietzard, ihren Rückzug angekündigt. Beim Bundeskongress der Grünen-Nachwuchsorganisation Mitte Oktober in Leipzig will sie sich nicht erneut als sogenannte Bundessprecherin zur Wahl stellen. Das teilte die 26-Jährige im sozialen Netzwerk Instagram mit. Sie bleibe aber Parteimitglied und Mitglied der Grünen Jugend.

Selbstmitleid und radikale Ansichten

«Allerliebste Grüne Jugend», begann Nietzard ihre knapp dreiminütige Video-Botschaft. «Ich habe die letzten neun Monate versucht, eine linke Hoffnung, eine linke Stimme in den Grünen zu sein.»

Bei den Grünen seien ihre Gedanken nicht immer auf Gegenliebe gestoßen, sagte Nietzard. «Mal wurde ich in Fraktionssitzungen ausgebuht, mal wurde ich von Realo-Spitzenpersonal angeschrien oder von Ministerpräsidenten oder solchen, die es werden wollten, wurde mein Rücktritt gefordert», sagte sie in Anspielung auf den baden-württembergischen Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und Cem Özdemir, der ihm nachfolgen will.

Nietzard beklagt ständige Anfeindungen

«Ganz ehrlich, das sollte nicht der Alltag von der Grünen-Jugend-Sprecherin sein.» Seit einiger Zeit sei klar, dass sie «in diesem Bundesvorstand» der Partei keine Zukunft haben könne. «Bei ständigen Anfeindungen kann einfach keine gute Politik entstehen und wenn die Parteispitze es nicht schafft, dass diese Anfeindungen enden, dann ziehe ich eben die Konsequenzen für meinen Jugendverband», resümierte Nietzard.

Zur Seite sprang Nietzard ihr Co-Chef Jakob Blasel. Er bescheinigte Nietzard «persönliche Größe» und zollte ihr Respekt. Von der Partei verlangte er: «Unsouveräne Reaktionen und toxische Empörung der letzten Wochen müssen aufgearbeitet werden.» Statt sich am eigenen Nachwuchs abzuarbeiten, müssten die Spitzen der Partei ihre Haltung grundsätzlich überdenken. «Grüne Politik muss konsequent für soziale Politik, gegen das fossile Kartell und die Macht der Superreichen eintreten.»

Kopfschütteln über antisemitische Äußerungen

Nietzard hatte mit Äußerungen in sozialen Medien immer wieder Ärger und Unverständnis nicht nur in den Reihen der Grünen ausgelöst. Anfang Juni entschuldigte sie sich für ein kurz zuvor hochgeladenes Video zu Gaza und Israel. Die Grüne Jugend erklärte in einem Transparenzhinweis, in der vorherigen Version des Videos sei «nicht deutlich genug geworden, dass der 7. Oktober ein antisemitischer Terroranschlag war».

In der zu diesem Zeitpunkt bereits geänderten Version hatte Nietzard Medienberichten zufolge geäußert, seit dem 7. Oktober 2023 seien «über 50.000 PalästinenserInnen und 1.200 Israelis bei militärischen Operationen umgekommen».

Es war nicht das einzige Mal, dass Nietzard Kopfschütteln bei Grünen-Mitgliedern auslöste. Kurz zuvor, im Mai, hatte sie sich auf ihrem privaten Instagram-Kanal mit einem Pullover gezeigt, auf dem das Kürzel »ACAB« zu lesen war. Es steht für «All Cops Are Bastards». Dazu trug sie eine Kappe mit der kapitalismuskritischen Aufschrift «Eat the rich».

Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann hatte Nietzard zum Parteiaustritt aufgefordert. «Ich verstehe überhaupt nicht, was die bei uns will», sagte der Grünen-Politiker. Für die Positionen, die Nietzard vertrete, gebe es mit der Linken ein passendes Angebot im Parteienspektrum.

Grünen-Chef Felix Banaszak hatte Nietzards Beurteilung der Polizei «inakzeptabel» genannt. Özdemir, Spitzenkandidat der Partei für die kommende Landtagswahl in Baden-Württemberg, kritisierte damals, bei den Grünen sei falsch, wer nicht kapiere, dass die Polizei auch Grünen-Werte verteidige.

Nietzard distanzierte sich damals ein wenig von ihrer Pullover-Aktion. Sie «glaube nicht, dass das der richtige Weg war, um auf die Probleme aufmerksam zu machen», erklärt sie in einem «Stern»-Podcast. Den Pulli besitze sie «als Privatperson». Als ob es das besser machen würde. Nietzard ist seit Oktober 2024 Co-Sprecherin der Grünen Jugend.