Welche Rolle spielt Deutschland im Ukraine-Krieg?
Weitere Waffenlieferungen sind umstritten

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei seinem Staatsbesuch in Chile. | Foto: Kay Nietfeld/dpa
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SANTIAGO DE CHILE (dpa/vs) - "Frieden schaffen ohne Waffen", das war einmal. Seit vielen Monaten liefert Deutschland Waffen an die Ukraine, und Forderungen nach immer mehr und technisch hochwertigerem Material werden seitens der Ukraine lauter. Doch wo sind die Grenzen? - Und was bedeutet das für Deutschland und seine Bündnispartner?

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Debatte über die Lieferung von Kampfjets in die Ukraine kritisiert. «Es ist eigenwillig, dass diese Debatte geführt wird. Mancher muss sich schon fragen: Warum stellt er die Frage, wo es doch darum geht, den Ukrainern zu helfen», sagte Scholz gestern Abend (Ortszeit) auf einer Pressekonferenz in Santiago de Chile. Es sei jetzt eine seriöse Debatte notwendig und nicht «ein Überbietungswettbewerb (...), bei dem vielleicht innenpolitische Motive statt die Unterstützung der Ukraine im Vordergrund stehen».

In einer so wichtigen Frage wie Waffenlieferungen müsse es um die Sache und um rationale Abwägungen gehen, betonte Scholz. Er erinnerte daran, dass er bereits kurz nach Kriegsbeginn zusammen mit US-Präsident Joe Biden Flugverbotszonen ausgeschlossen habe, weil das zu einem Konflikt zwischen Russland und der Nato geführt hätte. Auch «solche unsinnigen Ansinnen» wie die Entsendung von Bodentruppen seien abgelehnt worden. «Es ist dazu jetzt wirklich alles gesagt, auch von mir», betonte Scholz.

USA schließen Lieferung nicht grundsätzlich aus

In der Diskussion über eine Flugverbotszone über der Ukraine ging es im vergangenen Jahr darum, dass diese nur durchgesetzt werden könnte, wenn die Nato dazu eigene Kampfjets bereitstellen würde. Das lehnten Scholz und Biden ab. In der aktuellen Diskussion geht es aber darum, der Ukraine Kampfflugzeuge zur Verfügung zu stellen, die dann von ukrainischen Piloten geflogen würden.

Die Ukraine fordert Kampfjets, die USA haben eine Lieferung nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken schloss die Lieferung von Kampfflugzeugen gestern in der ARD nicht grundsätzlich aus.

Scholz hatte vor wenigen Tagen im Bundestag zur Debatte über weitere Waffenlieferungen in die Ukraine gesagt: «Dass es nicht um Kampfflugzeuge geht, habe ich ja sehr früh klargestellt und mache das auch hier.» Als kurz nach Kriegsbeginn über Flugverbotszonen diskutiert worden sei, hätten er und Biden gesagt: «Das werden wir nicht tun. Und an dieser Haltung hat sich gar nichts geändert und wird sich auch nichts ändern.»

Heusgen: Scholz in Kampfpanzer-Debatte zu zögerlich

Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, befürwortet derweil die Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine, um sich gegen Russland zu verteidigen. In der ARD-Sendung «Europamagazin» sagte Heusgen gestern: «Ich glaube, dass die Lieferung von Kampfjets adäquat ist, um die Ukraine besser zu schützen gegen die Angriffe der Russen.»

An anderer Stelle warf Heusgen dem Bundeskanzler vor, die USA mit seinem Verhalten in der Kampfpanzer-Debatte verstimmt zu haben. Die US-Regierung hätte erwartet, dass Deutschland bei den Leopards die Führungsrolle übernimmt - der Kanzler habe diese aber nicht angenommen. «Freunde hat sich der Bundeskanzler in Washington damit sicherlich nicht gemacht», sagte Heusgen der «Rheinischen Post» und dem «General-Anzeiger». Die Bundesregierung will Leopard-2-Panzer in die Ukraine liefern und dies auch Bündnispartnern erlauben. Kritikern prangern an, dass diese Entscheidung zu zögerlich getroffen worden sei.

«Die USA haben zehn Mal so viele Waffen an die Ukraine geliefert wie Deutschland. Ich weiß nicht, wo wir Europäer bei der Unterstützung der Ukraine ohne die Amerikaner stünden, oder wo die Russen jetzt stünden», so Heusgen weiter. Daher könne er durchaus nachvollziehen, wenn die amerikanische Seite darüber verstimmt sei.

Frage nach Deutschlands Rolle in Europa

Europa müsse sicherheitspolitisch stärker auf eigenen Füßen stehen. «Europa und Deutschland müssen dafür aber mehr tun, vor allem, weil sich die Nato-Führungsmacht USA stärker in den indopazifischen Raum orientiert», sagte der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz. Europa werde aber in absehbarer Zeit dennoch weiter auch auf die USA als Schutzmacht angewiesen sein.

Heusgen betonte, dass Deutschland als wirtschaftlich stärkstes Land in Europa eine Führungsrolle einnehmen müsse – und zwar auch militärisch. «Doch genau das sehen wir gerade nicht. Führung kann nicht heißen, immer nur als Letzter – siehe Kampfpanzer – das Nötigste zu tun». Deutschland bleibe hinter seinen Möglichkeiten und Erwartungen zurück.

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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