Umstellung auf bleifreie Munition in Bayern
Für Wally und Bavaria: Jagd ohne Blei!

Bavarias erster Ausflug in Freiheit.  | Foto:  Richard Straub/LBV
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  • Bavarias erster Ausflug in Freiheit.
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HILPOLTSTEIN/BERCHTESGADEN  (pm/nf) – Das vom LBV initiierte Auswilderungsprojekt von Bartgeiern im Nationalpark Berchtesgaden hat bisher einen erfolgreichen Verlauf genommen. Seit ihren Jungfernflügen am 8. und 12. Juli 2021 sind die beiden Bartgeierweibchen Bavaria und Wally wieder Teil der faszinierenden Natur in den bayerischen Alpen.

Wally fliegt aus. | Foto:  LBV Bartgeierwebcam

„Als Artenschützer freut es uns, dass das öffentliche Interesse an diesem Projekt so groß ist und die Begeisterung für diese majestätische Vogelart weiter wächst“, sagt der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer. In wenigen Wochen werden die beiden Bartgeier voraussichtlich den Nationalpark Berchtesgaden verlassen und neue Lebensräume erkunden. „Ab diesem Moment geht die größte Gefahr für die beiden Aasfresser von mit Blei belasteter Nahrung aus. Die unnötige Verwendung von bleihaltiger Jagdmunition führt bei Bartgeiern und anderen Greifvogelarten zu schwersten Vergiftungen“, so der LBV-Vorsitzende.

Jetzt ist entschieden: Im bayerischen Staatswald darf ab dem 1. April 2022 bei der Jagd nur noch bleifreie Büchsenmunition verwendet werden. Die Maßnahme soll vor allem dem Schutz von Greifvögeln wie See- und Steinadler sowie Bartgeier dienen, wie die Staatsforsten mitteilten. Bislang sei als Pilotprojekt etwa ein Drittel der Fläche bereits auf bleifreie Jagd umgestellt gewesen.

Neben Umweltminister Thorsten Glauber, dessen Ministerium ein Großteil des Projekts finanziert, war auch Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber am Tag der Auswilderung in Berchtesgaden zu Besuch. „Staatsministerin Kaniber hat bereits im Vorfeld versprochen, alles für ein erfolgreiches Bartgeierauswilderungsprojekt zu tun. Eine wirkungsvolle Maßnahme für den Schutz dieser Geierart ist die Einführung der bleifreien Jagd in Bayern“, sagt Norbert Schäffer. Auf einem großen Anteil der Flächen der Bayerischen Staatsforsten wird zum Schutz dieser Arten, aber auch um eine Belastung mit Giftstoffen von Wildbret und Gewässern zu vermeiden, bereits jetzt nur noch bleifrei gejagt. „Es sollte schnellstmöglich, aber spätestens ab dem nächsten Jagdjahr beginnend am 1. April 2022, auf allen Flächen der Bayerischen Staatsforsten nur noch mit bleifreier Munition gejagt werden“, so der LBV-Vorsitzende weiter. Ein seit Juni 2020 laufendes Leuchtturmprojekt für große Greifvögel von den Bayerischen Staatsforsten und LBV ist hierbei ein weiterer, wichtiger Schritt in der Verbesserung der Lebensbedingungen gefährdeter Vogelarten, wie Stein- und Seeadler sowie Bartgeier.

In anderen Bundesländern, wie Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Baden-Württemberg, ist die Jagd mit bleihaltiger Munition bereits auf allen Flächen verboten. „Hier hat Bayern definitiv noch Nachholbedarf. Wir fordern deshalb, dass auch auf Kommunalen Flächen und von Privatpersonen bleifrei gejagt wird“, sagt Norbert Schäffer. „Es freut uns, dass viele private Jäger bereits bleifreie Munition nutzen. Wichtig für den Artenschutz wäre hier aber eine vollständige Umstellung“, betont der LBV-Vorsitzende weiter.

Hintergrund sind die schon lange bekannten und gut dokumentierten entsetzlichen Auswirkungen von bleihaltiger Munition vor allem auf große und oftmals seltene Greifvogelarten, wie zum Beispiel Stein- und Seeadler, Rotmilan und Mäusebussard. Die Tiere nehmen das extrem starke Gift über Kugelgeschossfragmente in bei der Jagd im Wald zurückgelassenen Aufbruch auf. Bereits geringe Mengen sind fatal und führen zu schwersten Vergiftungen. „Da Kadaver eine wichtige Nahrungsquelle für viele Wildtierarten ist, ist es notwendig, dass Aufbruch im Wald nach der Jagd zurückgelassen wird - aber eben bleifrei“, schildert Norbert Schäffer. Das hochtoxische Schwermetall wird im Körper angereichert und verursacht unter anderem Nervenschädigungen, die Beeinträchtigung der Blutbildung, die Blockierung von Enzymen und der Sauerstoffzufuhr sowie den Abbau der Brustmuskulatur. Außerdem kann eine Störung des zentralen Nervensystems zur Erblindung sowie zur Lähmung des Magen-Darm-Traktes und des Atemzentrums führen. „Die Vögel verhungern auch häufig, ziehen sich durch Kollisionen mit Hindernissen schwere Verletzungen zu und nicht selten verenden sie qualvoll an Atemnot und Nährstoffmangel“, berichtet der Artenschützer.

Erst im März ist im Unterammergau das fünfjährige Steinadlerweibchen Luisa qualvoll an einer Bleivergiftung gestorben. Verschiedene Studien aus europäischen Ländern haben ergeben, dass Bartgeier und Steinadler hohen Dosen von Blei ausgesetzt sind und letztlich an den körperlichen Erscheinungen der Vergiftung verenden können. Zudem kommt es auch zu häufigen Todesfolgen durch indirekte Auswirkungen von Bleivergiftungen, wie zum Beispiel die Kollisionen durch Orientierungs- und Koordinationsverlust der Vögel.

Ausgewilderte Bartgeier vor Erstflug: Futter liegt bereit
Bavarias erster Ausflug in Freiheit.  | Foto:  Richard Straub/LBV
Wally fliegt aus. | Foto:  LBV Bartgeierwebcam
Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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