Kontroverse Stimmen, gereizte Stimmung
Kein ICE-Werk im Raum Nürnberg!

ICE-Werk der Deutschen Bahn.  | Foto: Deutsche Bahn AG / Oliver Lang
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NÜRNBERG (pm/nf) – Die Deutsche Bahn (DB) hat ihre umfangreiche Standortprüfung zum Bau eines neuen ICE-Instandhaltungswerks im Raum Nürnberg abgeschlossen. Das Fazit: In der Region gibt es keine Standorte, die sich für ein neues ICE-Werk eignen.

Das zeigen die Ergebnisse aus dem Raumordnungsverfahren durch die Regierung von Mittelfranken und die Bilanz der Erkundungsuntersuchungen der DB auf dem sogenannten MUNA-Gelände in Feucht. Seit Herbst 2020 hatte die DB knapp 100 mögliche Standorte für ein neues ICE-Werk im Raum Nürnberg geprüft. Drei Standorte brachte die DB bei der Regierung von Mittelfranken ins Raumordnungsverfahren ein.

Als raumverträglich hat die Behörde im Februar einzig den Standort MUNA Feucht bewertet, die Flächen Allersberg und MUNA Süd schieden aus. Nun steht fest: Auch der Standort MUNA Feucht bietet angesichts einer ökologisch hochwertigen und geschützten Fläche keine Erfolgsaussichten auf eine Baugenehmigung für ein neues Instandhaltungswerk. Sie hätten nur bestanden, wenn ein zwingender Sanierungsbedarf nachgewiesen worden wäre und eine Kampfmittelräumung hätte folgen müssen. Die DB hatte das Gelände der ehemaligen Heeresmunitionsanstalt (MUNA), auf dem im und nach dem 2. Weltkrieg Munition produziert, gelagert und entschärft wurde, in den vergangenen Monaten intensiv geprüft und Erkundungen zum Grundwasser und zu Kampfmitteln durchgeführt. Im Ergebnis ergibt sich kein Sanierungsbedarf.

Klaus-Dieter Josel, DB-Konzernbevollmächtigter für den Freistaat Bayern: „Leider bieten uns die Rahmenbedingungen keine Aussicht auf einen erfolgreichen Bau des Werks in der Bahnregion Nürnberg. Wir haben schlicht keinen geeigneten Standort für unser Werk mit vielen hundert hochwertigen Industriearbeitsplätzen gefunden. Das bedauern wir sehr. Wir bedanken uns bei all denjenigen, die uns im Projekt unterstützt haben.“

Carsten Burmeister, Projektleiter von DB Fernverkehr: „Unsere Standortsuche im Raum Nürnberg war sehr gründlich. Auch die Regierung von Mittelfranken hat bestätigt, dass in der Region keine Brachflächen oder andere offensichtliche Alternativen existieren. Meinem Team und mir bleibt deshalb nach mehr als zwei Jahren intensiver Arbeit leider nichts anderes übrig, als die Planungen für ein ICE-Werk im Raum Nürnberg einzustellen.“

Reaktionen aus Nürnberg

Die Nürnberger CSU-Stadtratsfraktion hat mit Erleichterung zur Kenntnis genommen, dass die langwierige Standort-Diskussion um ein ICE-Werk in der Region nun seitens der Bahn beendet wurde.

„Wir erleben das Ende der extrem langwierigen Standort-Diskussionen um das ICE-Werk, die von Anfang an von Seiten der Bahn nicht professionell vorbereitet und geführt wurden. Dies führte unter anderem auch zu absurden Vorschlägen, wie das Güterverkehrszentrum Hafen“, so Fraktionsvorsitzender Andreas Krieglstein.

Bereits im Jahr 2021 hatte sich die Nürnberger CSU klar gegen den Standort Altenfurt-Fischbach positioniert, die Eingriffe zu Lasten von Mensch und Natur an dieser Stelle wären einfach zu groß wären. Auch die im weiteren Verfahren geprüften Alternativstandorte waren aus landesplanerischer Sicht der Regierung von Mittelfranken schließlich ungeeignet und der letzte verbliebene Standort „MUNA“ wäre nur mit massiven Auflagen zu verwirklichen gewesen.  Andreas Krieglstein dazu abschließend: „Jetzt besteht endlich Klarheit für die Menschen in Nürnberg und der gesamten Region. Unabhängig davon steht die CSU zu einer Sicherung und Weiterentwicklung der bestehenden Bahnstandorte in Nürnberg.“

Nürnbergs Wirtschaftsreferent Dr. Michael Fraas ist enttäuscht über die Entscheidung: ein Trauerspiel ist das, was wir um das geplante ICE-Werk aufgeführt haben. „Ja zur Verkehrswende, aber nicht bei uns!“, könnte man das Ergebnis zusammenfassen. Eine für die Verkehrswende dringend notwendige, millionenschwere Investition, über 400 tarifgebundene Arbeitsplätze - wir haben es parteiübergreifend vergeigt. Und es war für die gesamte Metropolregion als Innovationsstandort kein Ruhmesblatt. Wir wollen als Region Vorbild sein für die Mobilitäts- und Energiewende, schaffen es aber nicht einmal, uns über den Platz für die hierfür grundlegenden Infrastrukturen einig zu werden. Wir wollen wir uns bei weiteren Zukunftsinvestitionen verhalten? Wollen wir Investoren lieber woanders hinschicken? Wie halten wir es mit der Mobilitäts- und Energiewende? Hierüber werden wir in der Metropolregion zu reden haben. Mit Selbstgefälligkeit, Bräsigkeit und Sattheit lösen wir jedenfalls nicht die Herausforderungen der Zukunft!

Vorsitzender der Nürnberger SPD, Dr. Nasser Ahmed: „Für das Aus des ICE-Werks tragen Söder und OB König eine Mitverantwortung. Ich schließe mich ausdrücklich der Einschätzung der EVG an. Es hat an der politischen Unterstützung gemangelt! Und während die CSU-Stadtratsfraktion nun von einer Erleichterung spricht, sind wir in Sorge um den Wirtschaftsstandort Nürnberg. Denn die Transformation unserer Wirtschaft werden wir nur mit neuer Infrastruktur hinbekommen. Überall nur zu bremsen, ist kein Konzept! “

Der EVG-Vorsitzende (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft) Martin Burkert sprach von einem „schwarzen Donnerstag für Nürnberg.“ „Für die Wiege der Eisenbahn in Deutschland ist das ein schwerer Schlag“. Dass es in der Metropolregion Nürnberg nicht möglich ist, ein neues und hochmodernes ICE-Werk mit zahlreichen neuen und zusätzlichen Arbeitsplätzen zu bauen, hätte ich nicht für möglich gehalten. Bei der Verkündung des Standorts waren der Ministerpräsident und der Oberbürgermeister noch voller Euphorie; leider ist die weitere Unterstützung ausgeblieben. Damit ist die Metropolregion Nürnberg sicherlich auch für mögliche Investoren für industrielle Ansiedlung eher abschreckend.“

ICE-Werke für die Verkehrswende

Um die Verkehrswende in Deutschland voranzubringen, erweitert die DB ihre ICE-Flotte in den nächsten Jahren stark. Bis 2029 investiert die DB rund zehn Milliarden Euro in neue Züge. In diesem Jahr baut die DB ihre ICE-Flotte auf knapp 400 Züge aus, bis 2029 werden es 450 sein. 2023 wird dabei ein Rekordjahr, was den Zugang neuer Züge angeht – im Schnitt drei pro Monat. Um die vielen neuen Züge zu warten, zu reparieren und zu reinigen, müssen die Kapazitäten auch in der Instandhaltung erweitert werden. So baut die DB derzeit unter anderem in Dortmund und Cottbus neue Werke für ihre Züge. Weitere Werke werden ausgebaut. Nachdem ein ICE-Werk in der Region Nürnberg ausscheidet, prüft die DB dafür nun alternative Optionen.

Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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