Die Angst wächst
Kommt der Krieg bald zu uns?

Vor seiner Reise nach Finnland machte Merz eine klare Ansage Richtung Moskau. | Foto: © Roni Rekomaa/Lehtikuva/AP/dpa
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BERLIN (dpa/mue) - Die von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) angekündigte Aufhebung der Beschränkungen für den Einsatz deutscher Waffen gegen russisches Territorium im Ukraine-Krieg sorgt für teils heftige Kritik.

Der Außenpolitiker Ralf Stegner (SPD) nannte den Schritt «nicht hilfreich». Alles, was den Krieg ausweite, sei falsch, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). «Ich finde es vielmehr richtig, die diplomatischen Bemühungen zu verstärken.» Distanziert äußerte sich auch der frühere SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. Er sei sehr unsicher, was der Vorstoß von Merz auf dem Kriegsgebiet bedeute, sagte Mützenich im Deutschlandfunk. Er habe da noch viele Fragen. Es sei richtig gewesen, eine Reichweitenbegrenzung vorzunehmen. «Ich würde die Bundesregierung bitten, sich lieber an den diplomatischen Bemühungen zurzeit zu beteiligen», sagte Mützenich. Es sei ganz offensichtlich, dass Russlands Präsident Wladimir Putin eskaliere, es müsse daher alles getan werden, den Prozess von Verhandlungen durch weitere diplomatische Initiativen zu untermauern. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Agnieszka Brugger, begrüßte die Ankündigung des Kanzlers dagegen. «Wladimir Putin bombt mit neuer Grausamkeit gerade jegliche Friedensbemühungen und Gesprächsangebote in Grund und Boden. Es wäre ein Fehler, dies tatenlos hinzunehmen», sagte sie.

Keine Beschränkungen mehr

Merz hatte am Montag beim WDR-Europaforum in Berlin erklärt, dass für die von Deutschland an die Ukraine gelieferten Waffen keine Beschränkungen mehr gelten, was die Reichweite und damit den Einsatz gegen russisches Territorium angeht. «Es gibt keinerlei Reichweitenbeschränkungen mehr für Waffen, die an die Ukraine geliefert worden sind, weder von den Briten noch von den Franzosen, noch von uns, von den Amerikanern auch nicht», sagte er. Das heiße, die Ukraine könne sich jetzt «auch verteidigen, indem sie zum Beispiel militärische Stellungen in Russland angreift. Das konnte sie bis vor einiger Zeit nicht.»

Die Äußerung bedeutet einen Kurswechsel gegenüber seinem Vorgänger Olaf Scholz (SPD). Der hatte zwar im vergangenen Jahr den Einsatz deutscher Waffen wie den Mehrfachraketenwerfer Mars II gegen Stellungen auf russischem Territorium für die Region um die umkämpfte Großstadt Charkiw erlaubt. Er hatte sich in der Folge aber anders als wichtige Bündnispartner wie Großbritannien und Frankreich gegen eine darüber hinausgehenden Aufhebung der Einsatzbeschränkungen ausgesprochen. Auslöser dafür waren offensichtlich die erfolglosen Bemühungen um eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg und die massiven russischen Luftangriffe auf die Ukraine am Wochenende. Putin verstehe offensichtlich Gesprächsangebote als Schwäche, sagte Merz. «Den Vorwurf, nicht alle diplomatischen Mittel ausgeschöpft zu haben, die es gibt, den kann uns nun niemand ernsthaft mehr machen.»

«Gefährliche Entscheidungen»

Auch der Kreml reagierte auf die Merz-Äußerung. Dies seien «ziemlich gefährliche Entscheidungen, wenn es sie gegeben hat», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Außenminister Johann Wadephul wies die Kritik aus Moskau umgehend zurück. «Es hat jetzt mehrere Aufforderungen und Gelegenheiten gegeben, an den Verhandlungstisch zu kommen für den russischen Präsidenten und er hat sie ausgeschlagen», sagte der CDU-Politiker bei einem Besuch in Lissabon. «Wir haben immer klar angekündigt, dass dieses Verhalten nicht ohne Konsequenzen bleiben wird.»

Autor:

Uwe Müller aus Nürnberg

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