Was verstehen Deutsche unter Heimat?
Was ist geblieben und was hat sich verändert?

30 Prozent der Befragten sagen: «Wo ich derzeit lebe, ist Heimat für mich». | Foto:  Frank Rumpenhorst/dpa
  • 30 Prozent der Befragten sagen: «Wo ich derzeit lebe, ist Heimat für mich».
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BERLIN (dpa/vs) - Früher haben die meisten Menschen mit dem Begriff "Heimat" den Ort ihrer Geburt verbunden. Doch wie sieht es heute aus? - Eine aktuelle Umfrage liefert interessante Details.

Von Gregor Tholl, dpa

«Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl», textete vor über 20 Jahren Herbert Grönemeyer, doch da geben dem populären Musiker laut einer aktuellen Umfrage hierzulande viele nicht recht. 32 Prozent der Erwachsenen in Deutschland stimmen der Aussage zu, Heimat sei da, wo sie aufgewachsen seien. 29 Prozent wählen die Option «Wo ich derzeit lebe» und 27 Prozent «Wo für mich wichtige Menschen leben». Der Rest fand keine Aussage davon passend. So ergab es jetzt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur.

Männer (37 Prozent) denken eher an den Ort ihres Aufwachsens als Frauen (26 Prozent). Frauen (33 Prozent) geben dagegen öfter die gefühlsbetontere Antwort mit den wichtigen Menschen - bei den Männern tun dies lediglich 21 Prozent.

Jüngere tendieren mehr zum Ort ihrer Kindheit

Je älter die Befragten, desto mehr wird der Ort, an dem gerade gelebt wird, als «Heimat» bezeichnet. Jüngere mit weniger Lebensjahren tendieren überdurchschnittlich mehr zum Ort ihrer Kindheit und Jugend als «Heimat» - bei den 18- bis 24-Jährigen sind es 35 Prozent.

Auch im Osten (38 Prozent) sind es überdurchschnittlich viele Leute, die sagen, Heimat sei dort, wo sie aufgewachsen seien. Im Westen der Bundesrepublik sind es 30 Prozent. Der Westen zeigt sich dabei übrigens auffällig gleichmäßig dreigeteilt: Ebenfalls 30 Prozent dort sagen «Wo ich derzeit lebe, ist Heimat für mich». Und 28 Prozent wählen die Option «Wo für mich wichtige Menschen leben».

Heile-Welt-Kitsch, Lederhosen, Dirndl

Vor allem in der alten Bundesrepublik dürften manche beim Wort Heimat nach wie vor an Heimatfilm, Heile-Welt-Kitsch, Lederhosen, Dirndl, Bohnerwachs und Spießigkeit denken. Der Zeitgeist war dort lange Zeit nach den 68ern eher skeptisch gegenüber dem vermeintlich reaktionären Konzept von Heimat, das nah zu sein schien an den aus der Nazi-Zeit belasteten Begriffen wie «Nation», «Vaterland», «Volk».

Heimat kann aber wohl für Millionen Menschen auch Familie, Freundschaft, Geborgenheit bedeuten, frisch gebackener Kuchen von Oma oder der Geruch gemähter Wiesen. Es ist der Ort, wo man sich wohlfühlt, wo einem das Herz klopft, wenn man sich dem Ort nach längerer Abwesenheit wieder nähert, wo Leute gleicher Gesinnung freundlich zu einem sind, wo das Volksfest mit viel Spaß steigt.

Wort Heimat war in großstädtischen Milieus lange verpönt

Laut «Duden» ist Heimat ein «Land, Landesteil oder Ort, in dem man [geboren und] aufgewachsen ist oder sich durch ständigen Aufenthalt zu Hause fühlt». Das Wort werde «oft als gefühlsbetonter Ausdruck enger Verbundenheit gegenüber einer bestimmten Gegend» benutzt.

Das Wort war in bestimmten, oft großstädtischen Milieus lange verpönt - außer vielleicht, wenn der Filmemacher Edgar Reitz es in der Familien-Saga «Heimat» benutzte. Seit Jahren erlebt der Begriff aber ein großes Comeback. Das Bundesinnenministerium trägt den Begriff seit bald fünf Jahren im Titel.

Im März 2018 wurde das Innenministerium um den Bereich Bauwesen erweitert und in «Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat» umbenannt. Im Dezember 2021 ordnete Bundeskanzler Olaf Scholz an, das Ministerium in «Bundesministerium des Innern und für Heimat» umzubenennen.

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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