Was ab 1. April erlaubt ist und was nicht
Bundestag beschließt umstrittene Cannabis-Freigabe

Foto:  © Yakobchuk Olena/stock.adobe.com/Symbolbild

BERLIN (dpa) - Der Bundestag hat die kontrollierte Freigabe von Cannabis in Deutschland beschlossen. Besitz und Anbau der Droge sollen zum 1. April mit zahlreichen Vorgaben für Volljährige zum Eigenkonsum legal werden, wie ein am Freitag angenommenes Gesetz der Ampel-Koalition vorsieht. Dafür stimmten 407 Abgeordnete, mit Nein 226 Abgeordnete, es gab 4 Enthaltungen.

Das Gesetz kommt abschließend voraussichtlich am 22. März noch in den Bundesrat. Zustimmungsbedürftig ist es nicht, die Länderkammer könnte prinzipiell aber den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen und das Verfahren abbremsen.

Was erlaubt werden soll und was nicht

Über die weitreichende Zäsur in der Drogenpolitik wurde bis zuletzt kontrovers diskutiert.

  • Generell nicht zu den verbotenen Tätigkeiten zählt gemäß den völkerrechtlichen Rahmenbedingungen der Eigenkonsum, wie es im Gesetzentwurf heißt. Tabu bleiben sollen der Umgang mit Cannabis und der Konsum in den militärischen Bereichen der Bundeswehr.
  • Cannabis wird im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Stoffe gestrichen. Der Umgang damit soll dann künftig zwar per Gesetz grundsätzlich verboten sein - aber mit drei festgelegten Ausnahmen für Personen ab 18 Jahren. Diese betreffen den Besitz bestimmter Mengen, den privaten Eigenanbau sowie Anbau und Weitergabe in speziellen Vereinen.
  • Erlaubt werden soll für Erwachsene ab 18 Jahren grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum (Öffentlichkeit). 
  • In der eigenen Wohnung sollen drei lebende Cannabispflanzen legal werden und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. 
  • Kiffen im öffentlichen Raum soll unter anderem in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite davon verboten werden - konkret in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich.
  • Erlaubt werden sollen auch nicht-kommerzielle «Anbauvereinigungen» für Volljährige, in denen bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben - im Monat höchstens 50 Gramm je Mitglied.
  • Spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes soll es eine erste Bewertung unter anderem dazu vorliegen, wie es sich auf den Kinder- und Jugendschutz auswirkt.
  • Um gemeinschaftlich angebautes Cannabis zu bekommen, muss man es persönlich vor Ort entgegennehmen, den Mitgliedsausweis und einen amtlichen Ausweis mit Foto vorlegen. Erlaubt ist nur Cannabis in Reinform, also als getrocknete Blüten und blütennahe Blätter (Marihuana) oder abgesondertes Harz (Haschisch). 
  • Verboten sind Mischungen mit Tabak, Nikotin oder Lebensmitteln. Die Verpackung muss neutral sein. Auf einem Infozettel müssen unter anderem das Gewicht in Gramm, die Sorte, der durchschnittliche THC-Gehalt in Prozent und Hinweise zu Risiken des Konsums aufgeführt werden.
  • Ein Kaufpreis darf nicht verlangt werden, finanzieren sollen sich die Vereinigungen durch ihre Mitgliedsbeiträge. Geregelt sind auch Dokumentationspflichten und amtliche Kontrollen.
  • Weitergaben an Kinder und Jugendliche sind strafbar. Der Konsum "in unmittelbarer Gegenwart" von unter 18-Jährigen soll verboten sein, ebenso in Fußgängerzonen von 7.00 bis 20.00 Uhr.
  • Begleitend prüft das Verkehrsministerium gerade, wie ein THC-Grenzwert für Cannabis am Steuer gefasst werden könnte - ähnlich wie die 0,5-Promille-Grenze für Alkohol. Bis Ende März sollen Expertenvorschläge vorliegen. Geregelt werden auch Sanktionen: Erwachsene, die bis zu 30 Gramm Cannabis dabeihaben oder bis zu 60 Gramm zu Hause, begehen eine Ordnungswidrigkeit. Wenn es noch mehr sind, macht man sich weiterhin strafbar.

Ampel-Politiker verteidigen Pläne

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach warb für die Pläne. Die Lage derzeit sei «in keiner Weise akzeptabel», sagte der SPD-Politiker in der Aussprache vor der Abstimmung mit Blick auf steigende Zahlen von Konsumenten und «toxische Konzentrationen» in Cannabis aus kriminellem Drogenhandel. «Der Schwarzmarkt ist der Kern des Übels.» Jeder Kampf gegen den Schwarzmarkt sei ein wichtiger Schritt zum Schutz junger Menschen. Daher solle ein legales Angebot geschaffen werden.

Lauterbach hob zugleich eine vorgesehene stärkere Aufklärung hervor. «Wir verharmlosen nicht.» Viele junge Menschen wüssten bisher nicht, dass Cannabis-Konsum für das wachsende Gehirn wie ein «Gehirngift» wirke.

Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther sagte: «Wir beenden die schädliche Verbotspolitik. Wir geben das Hanf frei.» Dies stärke den Gesundheits- und Jugendschutz. Die FDP-Fachpolitikerin Kristine Lütke sprach von einem «historischen Wendepunkt» hin zu einem Umgang, der der gesellschaftlichen Realität entspreche. Mit Cannabis aus Eigenanbau wüssten Konsumenten, woher es komme. Zudem werde der Weg zum Dealer und anderen, weitaus gefährlicheren Drogen deutlich länger.

Union und AfD wandten sich gegen die Pläne. «Der Kinder- und Jugendschutz ist in Ihrem Gesetz nicht mehr als ein reines Lippenbekenntnis», sagte die CDU-Gesundheitspolitikerin Simone Borchardt. Ärzte, Polizisten und Psychotherapeuten und alle Länder-Innenminister hätten davor gewarnt. Anbau zu Hause sei nicht zu kontrollieren.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte der dpa, die Legalisierung werde zu mehr Sucht, mehr sozialen Problemen und weniger Sicherheit gerade für junge Menschen führen. «Dieses Gesetz ist nicht kontrollierbar und ein Geschenk für die organisierte Kriminalität in Deutschland.» Jörg Schneider (AfD) warnte vor einem «Konjunkturprogramm für das organisierte Verbrechen».

Umfrage: 42 Prozent für Cannabis-Legalisierung

Bei der generellen Einschätzung der Cannabis-Legalisierung zeigt sich laut einer Umfrage ein gespaltenes Bild. 42 Prozent gaben in einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts YouGov an, eine Legalisierung eher oder voll und ganz zu befürworten. 47 Prozent erklärten, diese eher oder voll und ganz abzulehnen. 11 Prozent äußerten sich dazu nicht, wie aus der Umfrage hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur am Freitag vorlag.

Von Bettina Grachtrup und Sascha Meyer, dpa

Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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