DNA-Abgleich
„Karnevalsmord“ nach 35 Jahren vor Gericht

Der Angeklagte versteckt sich hinter einem Aktenordner.
Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
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KÖLN (dpa/mue) - Es ist früher Morgen am Karnevalssonntag 1988. Eine Frau glaubt auf einem Grünstreifen in der Kölner Innenstadt zunächst eine «Karnevalspuppe» liegen zu sehen. Doch schnell ist klar: Es handelt sich um eine tote Frau, die Opfer eines Gewaltverbrechens wurde. Mehr als 35 Jahre später hat nun vor dem Kölner Landgericht der Prozess in dem sogenannten «Cold Case» begonnen.

Angeklagt ist ein 56-jähriger Kölner. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann Raubmord aus Habgier und niedrigen Beweggründen vor. Laut Anklageschrift soll er seinem späteren Opfer in der Nacht auf den 14. Februar 1988 gefolgt sein, als sich die Frau beim Feiern auf den Weg von einer Lokalität zur anderen gemacht hat. Hinter einem Imbiss- oder Getränkewagen soll er die damals 24-jährige Mutter einer kleinen Tochter angegriffen, geschlagen und schließlich mit ihrer Halskette erdrosselt haben. Motiv für die Tat sei gewesen, dass der Angeklagte an die Wertsachen der Frau habe gelangen wollen. Laut Staatsanwältin soll er einen Brustbeutel mit Biene-Maja-Motiv erbeutet haben, in dem sich ein 100-D-Mark-Schein befunden haben soll. Das Opfer erlitt der Anklage zufolge schwere Verletzungen an Kopf und Oberkörper. Die Drosselung mit der Halskette habe zu einer «Zertrümmerung des Kehlkopf-Skeletts» geführt, hieß es in der Anklageschrift.

Erinnerungen verblassen

Verteidiger Uwe H. Krechel sagte vertretend für den 56-Jährigen: «Ich habe mit der Tötung und dem Tod der Frau nichts zu tun.» Sein Mandant werde sich zu einem späteren Zeitpunkt detailliert einlassen. Vor Verhandlungsbeginn hatte der Verteidiger zu Journalisten gesagt, dass am Ende des Prozesses das herauskommen werde, was er schon lange wisse: Dass der 56-Jährige «die Tat nicht begangen hat». Weiter sprach der Anwalt von einem «spärlichen Beweisergebnis», das die Ermittler bislang vorgelegt hätten.

Gleich bei der ersten Zeugin wird klar, welche Schwierigkeiten sich in «Cold Case»-Prozessen ergeben: Nach 35 Jahren ist die Erinnerung von Zeugen recht eingetrübt. Die erste Zeugin, heute 58 Jahre alt, sagte aus, sie sei mit ihrem Hund Gassi gegangen und habe die Leiche des Opfers entdeckt. Das Gericht hält der Frau aber vor, was sie damals zur Polizei gesagt haben soll. Demnach habe die Frau die Frauenleiche vom Küchenfenster der Wohnung ihres damaligen Lebensgefährten entdeckt, bei dem sie übernachtet hatte. Die Zeugin erwidert, dass sie die Leiche auch vom Küchenfenster gesehen habe. Von wo sie die Leiche erstmals gesehen habe, daran könne sie sich heute nicht mehr erinnern: «Das ist 35 Jahre her», sagte sie entschuldigend.

DNA-Abgleich führte zum Erfolg

Hauptbeweismittel in dem Fall ist jedoch eine DNA-Spur. Nachdem der Fall jahrzehntelang ungelöst geblieben war, knöpfte sich eine Reihe pensionierter Mordermittler vor zwei Jahren zahlreiche ungeklärte Tötungsdelikte in NRW nochmals vor. Die Hoffnung: Mit den heutigen Möglichkeiten der Genanalyse alte, ungelöste Fälle doch noch aufzuklären. Eine Hoffnung, die sich in diesem Fall erfüllen könnte. Denn nachdem der «Karnevalsmord» vergangenes Jahr Thema in der ZDF-Sendung «Aktenzeichen XY...ungelöst» war, meldete sich ein Zuschauer und gab den entscheidenden Hinweis auf den mutmaßlichen Täter. Ein daraufhin vorgenommener DNA-Abgleich mit am Tatort gesicherten Spuren ergab schließlich einen Treffer.

Für den Prozess sind weitere neun Verhandlungstage angesetzt, am 24. Oktober ist das Urteil geplant.

Autor:

Uwe Müller aus Nürnberg

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