Zahl der Hochwassertoten steigt weiter
Bereits rund 160 Opfer zu beklagen

Die Bundesstraße 20 ist kurz vor der Ortschaft Berchtesgaden zur Hälfte von der Ramsauer Ache weggerissen worden. 
 | Foto: Peter Kneffel/dpa
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  • Die Bundesstraße 20 ist kurz vor der Ortschaft Berchtesgaden zur Hälfte von der Ramsauer Ache weggerissen worden.
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REGION (dpa) - Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) besucht am heutigen Montag die von der Flutkatastrophe und großen Zerstörungen besonders betroffenen Gebiete in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. So wird er etwa an der Steinbachtalsperre in Euskirchen erwartet, wo ein Dammbruch zuletzt weiterhin nicht ausgeschlossen war. Während im Westen Deutschlands vorerst keine akute Unwetter-Gefahr mehr besteht, richten sich weiterhin bange Blicke auf einige Orte.

Anbei ein Überblick und wichtige Informationen, welche die Deutsche Presse Agentur (dpa) zusammengestelt hat:

Hochwasserlage in Bayern entspannt sich leicht

Die Lage im Süden und Osten Bayerns hat sich etwas entspannt. In Passau lag der Pegel der Donau am frühen Morgen bei 8,18 Metern und damit unterhalb der höchsten Hochwasserwarnstufe von 8,50 Metern. Von katastrophalen Zuständen sei man zum Glück noch entfernt, sagte ein Sprecher der Polizei in Passau.
Auch im besonders stark von Unwettern getroffenen Berchtesgadener Land konnten die Menschen etwas aufatmen. "Die Nacht verlief ruhig", hieß es bei der Feuerwehr. Die Helfer seien jetzt mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Anlass zur Hoffnung geben auch die Wetteraussichten. Bis auf einzelne kurze Schauer soll es in den kommenden Tagen trocken bleiben. Unwetter seien derzeit nicht in Sicht, sagte ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD).
Völlige Entwarnung gibt es gerade in Städten wie Passau aber noch nicht. Uferpromenaden und Parkplätze waren bereits überflutet worden, Bewohner schützen ihre Häuser mit Sandsäcken und Barrieren. Der Scheitel der Hochwasserwelle wird heute gegen 9.00 Uhr erwartet.

Zahl der Toten in Deutschland gestiegen

Die Zahl der bestätigten Todesopfer wegen der verheerenden Überflutungen in Deutschland war am Wochenende auf fast 160 gestiegen. Im Kreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz sind nach Polizeiangaben 110 Todesopfer zu beklagen, während die Zahl in Nordrhein-Westfalen auf 46 gestiegen war. Zudem kam mindestens ein Mensch in Oberbayern ums Leben. Es ist die schwerste Hochwasserkatastrophe in Deutschland seit Jahrzehnten. Vor allem im Westen Deutschlands hatte es Mitte der Woche ungewöhnlich heftig geregnet. Viele Häuser, Straßen und Brücken liegen in Trümmern.
In Erftstadt bildet die Abbruchkante auch weiterhin ein Risiko. Zwar sei die Kiesgrube hinter dem Ortsteil Blessem weiträumig abgesperrt, sagte die Bürgermeisterin der nordrhein-westfälischen Gemeinde, Carolin Weitzel, im "Morgenmagazin" von WDR 2. "Ein weiteres Nachrutschen von Erdmassen ist jedoch jederzeit möglich." Die betroffenen Stadtteile würden permanent mit Drohnen überwacht.
Gleichzeitig liefen geologische Untersuchungen. "Sobald der Ort als begehbar eingestuft wird, beginnen Prüfungen der Statik", sagte Weitzel. Im Ortsteil Blessem besteht in der Nähe der Abbruchkante akute Lebensgefahr.

Seehofer besucht unter anderem das THW

Im Westen Deutschlands will sich Seehofer vor Ort ein Bild von der Arbeit des Technischen Hilfswerks (THW) machen. Es ist dem Bundesinnenministerium unterstellt. Die Organisation hat den Angaben zufolge 2500 Helferinnen und Helfer in den Hochwassergebieten im Einsatz, um Menschen in Sicherheit zu bringen, Keller abzupumpen, die Stromversorgung sicherzustellen und um Schuttberge abzutragen.
Am späten Vormittag wird Seehofer an der Steinbachtalsperre in Euskirchen (Nordrhein-Westfalen) erwartet. Dort hatte es einen Rückschlag gegeben, weil das Wasser langsamer als erwartet abfloss. An diesem Montagmorgen wollen Fachleute entscheiden, wann die Menschen in den evakuierten Gebieten in ihre Häuser zurückkehren dürfen. Gerüchte über den Bruch des Damms dementierte die Feuerwehr Euskirchen am Sonntagabend.
Gegen Mittag will Seehofer nach Bad Neuenahr-Ahrweiler (Rheinland-Pfalz) fahren, um ein Krankenhaus zu besuchen. Dort hat das THW eine Trinkwasseraufbereitungsanlage installiert, damit das Krankenhaus weiterhin das nötige Trinkwasser bekommt. Dies war nötig geworden, nachdem die Wassermassen die Leitungen im Umfeld der Klinik beschädigt hatten.

Politik verspricht Unterstützung

Nach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist Seehofer ein weiterer Bundespolitiker, der in das Katastrophengebiet reist, um den Menschen dort seine Unterstützung zuzusichern.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier forderte unterdessen eine Aufklärung, ob der Katastrophenschutz ausreichend funktioniert hat. "Es muss, sobald wir die unmittelbare Hilfe geleistet haben, auch geschaut werden: Gibt es Dinge, die nicht gut gelaufen sind, gibt es Dinge, die schief gelaufen sind? Und dann muss korrigiert werden", sagte der CDU-Politiker am Sonntag im "Bild live"-Politiktalk "Die richtigen Fragen". "Es geht nicht um Schuldzuweisungen, es geht um Verbesserungen für die Zukunft."

Bevölkerungsschutz in der Kritik

Der Leiter des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Armin Schuster, verteidigte den Katastrophenschutz gegen Kritik. "Unsere Warninfrastruktur hat geklappt im Bund", sagte Schuster am Sonntagabend im "heute journal" des ZDF. "Der Deutsche Wetterdienst hat relativ gut gewarnt." Das Problem sei, dass man oft eine halbe Stunde vorher noch nicht sagen könne, welchen Ort es mit welcher Regenmenge treffen werde. Über Warn-Apps seien 150 Warnmeldungen verschickt worden. Wo die Menschen in den Hochwassergebieten durch Sirenen gewarnt worden seien und wo nicht, könne er im Moment nicht sagen.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte in der Sendung, man werde darüber nachzudenken haben, wie man Warnsysteme verbessern könne und wie man jene erreichen könne, die keine App hätten. Auch bei der Koordination der Katastrophenhilfe sei «wahrscheinlich noch einiges zu tun". Der Minister lehnte aber eine Zentralisierung des Katastrophenschutzes in Berlin ab.

Trägt auch Seehofer eine Mitschuld?

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sieht hingegen schwere Versäumnisse beim Bevölkerungsschutz. "Die rechtzeitigen Warnungen der Meteorologen sind weder von den Behörden noch vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk hinreichend an die Bürgerinnen und Bürger kommuniziert worden", sagte Theurer der Deutschen Presse-Agentur. "Es bietet sich das Bild eines erheblichen Systemversagens, für das der Bundesinnenminister Seehofer unmittelbar die persönliche Verantwortung trägt."
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach befand: "Beim Katastrophenschutz sind wir genauso schlecht vorbereitet wie beim Pandemie-Schutz." Der "Rheinischen Post" (Montag) sagte Lauterbach: "Wir müssen uns jetzt darauf einstellen und vorbereiten, dass es in Zukunft mehr Naturkatastrophen geben wird und auch regelmäßig Pandemien. Die Infrastruktur dafür muss geschaffen und ausgebaut werden, der Katastrophenschutz hat hier eine zentrale Bedeutung."

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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