Markus Söder im Weihnachts-Interview
"Wir können Corona überwinden!"

Der Hausherr: Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder (CSU) im Heimatministerium Nürnberg. | Foto: Jürgen Friedrich
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  • Der Hausherr: Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder (CSU) im Heimatministerium Nürnberg.
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Von PETER MASKOW
und NICOLE FUCHSBAUER

NÜRNBERG/FRANKEN – Weihnachten kommt immer näher. Zeit zum Durchatmen – und für eine Bilanz. Ein Winter-Interview mit Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder (54, CSU).

MarktSpiegel: Die Staatskanzlei hat hier in Nürnberg einen Dienstsitz im Heimat- & Finanzministerium. Bayern war Vorreiter beim Abbau der Staatsverschuldung und ist durch Corona hart ausgebremst worden. Wie sehr trifft die Pandemie unsere Wirtschaft im Moment?
Dr. Markus Söder: „Corona trifft leider alle Lebensbereiche. Wir können das Virus nicht einfach verschwinden lassen, wir können es nur gemeinsam bekämpfen. Dazu gehören Schutzmaßnahmen, aber immer auch Hilfen für die Betroffenen. Wir lassen in der Krise niemanden allein. Dank unserer guten Finanzpolitik in den vergangenen Jahren und der geringen Verschuldung konnten wir in Rekordzeit einen bayerischen Corona-Schutzschirm als Sonderfonds mit bis zu 20 Milliarden Euro über Bayern spannen. Dieser wirkt bis heute. Dazu kommen die Hilfen des Bundes. Kein anderes Land leistet so schnelle und umfangreiche Hilfe wie Deutschland. Klar ist aber auch: Wir müssen auch an die Zeit nach Corona denken. Nach der Zeit der Überbrückung braucht es einen kraftvollen Neustart. Deswegen investieren wir mit unserer Hightech Agenda Bayern massiv in Forschung und Wissenschaft.“

Wie geht es vor diesem Hintergrund weiter mit den Plänen zur Digitalisierung, Ihrem wichtigsten Zukunftsprojekt? Da haben Sie mit Ihrer Hightech Agenda viel vor: Künstliche Intelligenz, Supertech, 1.000 neue Professuren. Ist dieses Geld jetzt noch da – und wie weit sind Sie inzwischen?
„Unsere Hightech Agenda hat Priorität. Sie ist über die gesamte Legislaturperiode angelegt, aber bereits jetzt sind über 90 Prozent der Projekte in Umsetzung. Die Stellen für 13.000 neue Studienplätze und 1.000 Professuren sind geschaffen und werden jetzt besetzt. Bis 2023 investieren wir insgesamt 3,5 Milliarden Euro. Auch im kommenden Haushalt ist die Hightech Agenda voll finanziert. Insgesamt belaufen sich die Investitionen in Bayern 2022 sogar auf mehr als elf Milliarden Euro. Neben Wissenschaft und Digitalisierung setzen wir Schwerpunkte bei Familie, Pflege und Klimaschutz. Wir investieren eine Klima-Milliarde und schaffen allein im nächsten Jahr 1.000 neue Pflegeplätze, über 1.000 Lehrerstellen und 10.000 weitere Kita-Plätze. Darauf können wir echt stolz sein.“

Wann kriegen wir das Thema Pandemie Ihrer Einschätzung nach in den Griff?
„Impfen ist der einzige Weg aus der Corona-Endlosschleife. Deshalb ist auch eine allgemeine Impfpflicht richtig. Ich war anfangs auch skeptisch, weil sich eine Impfpflicht nicht mit meinem liberalen Staatsverständnis verträgt.
Aber nur wenn sich genügend Menschen impfen lassen, können wir das Virus besiegen. Wir bauen die Impf-Infrastruktur dafür immer wieder aus. Vor ein paar Tagen haben wir beispielsweise in Nürnberg ein viertes Impfzentrum eröffnet. Dazu bindet der Bund nun endlich auch Apotheken in die Impfungen ein. Es muss aber immer auch genügend Impfstoff da sein. Das Impfmanagement wird die zentrale Aufgabe der neuen Regierung. Es ist gut, dass Olaf Scholz die Verteilung als Chefsache im Kanzleramt ansiedelt. Bis Weihnachten soll es insgesamt 30 Millionen Impfungen geben. Mein Appell: Bitte nutzen Sie das Angebot und lassen sich impfen.“

Wieso reden wir jetzt wieder alle in der Hauptsache über die Inzidenz, wo doch zuletzt Konsens war, dass die Hospitalisierungsrate der relevantere Indikator ist?
„Die Inzidenz war und ist die Mutter aller Zahlen. Dieser Wert gibt frühzeitig einen Eindruck vom Infektionsgeschehen, was dann mit Verzögerung in die Kliniken hineinwächst. Deshalb ist unsere Linie klar: Die Infektionszahlen müssen runter und die Impfquote muss gleichzeitig steigen.“

Wenn man die Infektionskarten des RKI seit Sommer studiert, kann man erkennen, dass die 4. Corona-Welle hauptsächlich aus den osteuropäischen Nachbarländern via Bayern nach Deutschland gekommen ist. Sind hier wirksame Kontrollen, wie es sie auf dem Höhepunkt der 3. Welle gegeben hat, unterblieben?
„Das Virus kennt leider keine Grenzen. Es zieht immer wieder von Süd nach Nord und von Ost nach West durchs Land. Das ist auch in der vierten Welle so. Deswegen sind einheitliche Regeln für die Pandemiebekämpfung in Deutschland so wichtig. Wir waren in den ersten drei Wellen immer dann stark, wenn wir gemeinsam und entschlossen gehandelt haben. Auffällig ist aber, dass die Infektionszahlen immer dort besonders hoch sind, wo die Impfquote niedrig ist. Das zeigt: Nur Impfen hilft langfristig gegen die Pandemie.“

Ist der stv. Ministerpräsident durch seine lange Weigerung, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen mitschuldig an der mangelnden Impfbereit der Bevölkerung in den Sommermonaten 2021 gewesen?
„Hubert Aiwanger hat sich inzwischen impfen lassen. Das ist ein gutes Signal. Jeder, der sich impfen lässt, hilft im Kampf gegen die Pandemie und schützt sich und andere. Das zeigen wir auch in unserer Impf-Kampagne ,Ich tu’s für Bayern‘. Dort machen viele Promis mit wie zum Beispiel Starkoch Alexander Herrmann, die Triathletin Anne Haug aus Bayreuth und Fußball-Nationalspieler Leroy Sané.“

Die Schausteller leiden im zweiten Winter ohne Christkindlesmarkt unter Einnahmeausfällen. Sie hatten bereits alles aufgebaut, als die Absage kam, beklagen nun 20 Monate kompletten Stillstandes und fordern eine Entschädigung. Wie stellen Sie sich dazu?
„Bayern lässt in der Krise niemanden allein. Wegen der kurzfristigen Absage der Weihnachtsmärkte unterstützen wir Schausteller und Marktkaufleute mit bis zu 1.500 Euro Unternehmerlohn pro Monat. Das gilt von November bis März – und zwar zusätzlich zu den Hilfen des Bundes. Daneben hat sich Bayern erfolgreich für maßgebliche Verbesserungen der Corona-Hilfen des Bundes eingesetzt, um den Betroffenen noch passgenauer helfen zu können. Sie dürfen mir glauben: Es macht keine Freude ohne einen Christkindlesmarkt. Aber es ist leider notwendig.“

Sie sprechen sich für Geisterspiele in der Bundesliga aus, während Ihr Amtskollege Hendrik Wüst in NRW es bei um zwei Drittel reduzierter Zuschauerzahl mit 2G-Regelung gut sein lässt. Wie sinnvoll ist das – und wie lange hält ein Verein wie der 1. FCN es ohne Zuschauer aus?

„Wenn Weihnachtsmärkte zu sind, sind volle Stadien nicht stimmig. Es gibt hohe Mobilität bei der An- und Abreise, aber der Fußball hat vor allem auch eine große Vorbildfunktion in der Gesellschaft. Wir müssen überall Kontakte reduzieren. Deshalb haben wir im Ministerrat beschlossen, dass es jetzt in Bayern in den nationalen Ligen Geisterspiele gibt. Wir alle hoffen, dass sich das schnell wieder ändert und auch der Club wieder vor Fans im Stadion spielen kann. Dazu hilft aber nur eines: Impfen, Impfen, Impfen. Nur so werden wir unser Gesundheitssystem und unsere Pflegekräfte dauerhaft schützen.“

Wie stehen Sie zum Thema eines Boykotts der Fußball-WM in Katar?
„Davon halte ich nicht viel, da bin ich eher zurückhaltend. So eine Aktion hat in dem jeweiligen Land noch nie etwas bewirkt. Auch finde ich, dass man jungen Spielern nicht die Chance nehmen sollte, bei
einer WM zu spielen.“

In eigener Sache: Wie wichtig sind Wochenzeitungen/Anzeigenblätter wie der MarktSpiegel?
„In Zeiten, in denen andere Printmedien immer mehr Auflage verlieren, kommt auf die Wochenblätter eine wichtige Aufgabe zu. Ich kenne den MarktSpiegel seit meiner Jugend, habe selbst einmal eine Kolumne gehabt. Nürnberg ohne MarktSpiegel kann ich mir nicht vorstellen.“

Wie werden Sie das Weihnachtsfest 2021 feiern?
„Daheim mit der Familie. Und bestimmt wird es wieder roten Heringssalat mit Eiern und Äpfeln geben, wie ihn früher meine Mutter gemacht hat. Das erinnert mich an meine Eltern und meine Kindheit.“

Mit welchen Gefühlen blicken Sie nach vorn ins Jahr 2022?
„Ich bin zuversichtlich: Wir können Corona überwinden. Aber dafür müssen wir alle weiter zusammenhalten und mitmachen. Wir Franken sind bekannt für unseren Zusammenhalt und unsere Treue, auch wenn die Zeit mal etwas schwerer ist. Mit Vorsicht, Umsicht und den Impfungen können wir gemeinsam viel erreichen. Das stimmt hoffnungsvoll.“

Autor:

Redaktion MarktSpiegel aus Nürnberg

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