Kollaps in der Pflege droht
Dramatische Corona-Lage: zermürbt, müde und frustriert

Foto: Sven Hoppe/dpa/Symbolbild

MÜNCHEN (dpa/lby) - Das Coronavirus breitet sich in Bayern immer mehr aus - und es bringt Behörden und Krankenhäuser an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Besonders viele Neuinfizierte gibt es im Landkreis Rottal-Inn im Südosten Bayerns. «Die Lage ist dramatisch», sagte etwa der Landrat Michael Fahmüller (CSU). Sein Landkreis lag am Mittwoch (Stand: 3.12 Uhr) nach Auskunft des Robert Koch-Instituts (RKI) bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 1104,3 - und damit bundesweit an der Spitze. Auch in anderen Regionen des Freistaats grassiert das Virus so stark, dass immer mehr Krankenhäuser an ihre Kapazitätsgrenzen kommen.

In mehr als der Hälfte der 96 bayerischen Kreise und größeren Städte waren am Mittwoch weniger als zehn Prozent der Intensivbetten frei, wie aus dem Divi-Intensivregister hervorgeht. Davon meldeten 21 Kommunen, die Intensivstationen seien bis auf das letzte Bett voll belegt. Landesweit waren 653 Covid-Patienten in Intensivbehandlung, gut 130 mehr als vor einer Woche und rund doppelt so viele wie noch vor drei Wochen. Im landesweiten Schnitt sind knapp 91 Prozent der Intensivbetten belegt.

Experten in Krankenhäusern machen dafür unter anderem die unterdurchschnittliche Impfquote in Bayern verantwortlich. Bei den vollständig Immunisierten lag sie mit Stand vom Mittwochvormittag bei 65,2 Prozent. Im besonders betroffenen Landkreis Rottal-Inn waren es nach Zahlen vom 6. November sogar nur 52,9 Prozent. Bundesweit sind derzeit 67,3 Prozent der Gesamtbevölkerung geimpft.

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe Südost (DBfK) rief die Menschen deshalb dazu auf, sich immunisieren zu lassen. «Nur so wird sich der drohende Kollaps in der Pflege verhindern lassen», sagte die Geschäftsführerin Marliese Biederbeck. Pflegende arbeiteten am Limit und das unter erschwerten Bedingungen mit Schutzkleidung, Maske, Haube, Mundschutz und Handschuhen. Trotz dieser dramatischen Lage seien aber immer noch keine handfesten Lösungen für den gravierenden Personalengpass in Sicht. Dabei spitze sich die Lage zu - derzeit vor allem in Bayern Sachsen und Thüringen.

Neun bayerische Landkreise führten am Mittwoch die Liste der Regionen in ganz Deutschland an, in der sich binnen einer Woche pro 100.000 Einwohner besonders viele Menschen neu mit Corona angesteckt haben. Nur knapp unter 1000 lag die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis Traunstein. Die Landkreise Dingolfing-Landau, Miesbach, Regen, Berchtesgadener Land und Oberallgäu überschritten die Marke von 800, Mühldorf am Inn und Bad Tölz-Wolfratshausen lagen knapp darunter. Der erste nicht-bayerische Landkreis war Sonneberg in Thüringen mit einem Wert von 787,1.

Für die Behörden bedeutet dies eine enorme Belastung. «Unsere Kontaktermittlung arbeitet täglich bis spät in die Nacht hinein», sagte Landrat Fahmüller. Er forderte, landesweit den Katastrophenfall auszurufen - vor allem mit Blick auf die Lage in den Kliniken. «Das Personal ist am Ende seiner Leistungsfähigkeit, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zermürbt, müde und frustriert. Ich habe eine solche Situation noch nie erlebt.»

Für ganz Bayern betrug die Sieben-Tage-Inzidenz am Mittwoch 395,8. Die Gesundheitsämter im Freistaat meldeten dem RKI innerhalb eines Tages 10 237 Neuinfektionen und 55 Todesfälle. Für die Menschen sind damit deutlich schärfere Schutzmaßnahmen verbunden. Seit Montag steht die Krankenhaus-Ampel auf Rot, da auf den Intensivstationen mehr als 600 Menschen wegen einer Covid-19-Erkrankung behandelt wurden.

Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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