24-Jähriger nach Messer-Angriff festgenommen
UPDATE: Autor Salman Rushdie nach Attentat schwer verletzt!

Videostandbild vom Moment nach der Attacke in der Chautauqua Institution: Der mutmaßliche Angreifer (l) wird von der Bühne eskortiert, während sich Menschen um Salman Rushdie kümmern.  | Foto: Uncredited/AP/dpa
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UPDATE: 13. August 2022

Täter wurde festgenommen

Nach Darstellung der Polizei stürmte der junge Mann die Bühne der von Hunderten Menschen besuchten Veranstaltung gegen 11.00 Uhr örtlicher Zeit (17.00 Uhr MESZ) und stach auf Rushdie ein. «Mehrere Mitarbeiter der Veranstaltung und Zuschauer stürzten auf den Verdächtigen und brachten ihn zu Boden», sagte ein Sprecher. Ein Polizist habe den 24-Jährigen daraufhin festgenommen.

Blutflecken auf einer Leinwand, dahinter wird Salman Rushdie versorgt.  | Foto:  Joshua Goodman/AP/dpa
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Ein 24-Jähriger sticht in dem Ort Chautauqua im Westen des Bundesstaates New York mehrmals auf den 75-Jährigen ein und verletzt ihn schwer.

Rushdie wird in ein Krankenhaus gebracht, operiert und seinem Manager Andrew Wylie zufolge an ein Beatmungsgerät angeschlossen. Neue Informationen zu seinem Zustand gibt es bisher nicht.

Salman Rushdie wird mit einem Hubschrauber in ein nahe gelegenes Krankenhaus gebracht.  | Foto: Uncredited/Anonymous/AP/dpa
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Er könne nicht sprechen und werde wahrscheinlich ein Auge verlieren, schrieb Wylie nach Angaben der «New York Times». Nervenstränge in seinem Arm seien durchtrennt und seine Leber beschädigt worden. «Die Nachrichten sind nicht gut.» Der mutmaßliche Täter, ein Mann aus dem Bundesstaat New Jersey, wurde festgenommen. Er habe wohl allein gehandelt, sagte ein Polizeisprecher. Ob der Angriff im Zusammenhang mit der jahrzehntealten, gegen Rushdie ausgesprochenen Fatwa steht? Unklar.

Unterdessen wurde Rushdie von einem Arzt aus dem Publikum behandelt, bis Rettungskräfte eintrafen und der Autor schließlich per Helikopter in eine Klinik gebracht wurde. Nach Informationen des US-Senders CNN soll das Institut noch zwei Tage zuvor abgelehnt haben, die Sicherheitsvorkehrungen zu erhöhen. Unklar sei aber, ob mit den empfohlenen Maßnahmen das Attentat auf Rushdie hätte verhindert werden können, schrieb der Sender.

Salman Rushdie wird nach dem Angriff auf der Bühne versorgt. | Foto: Joshua Goodman/AP/dpa
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Weltweites Entsetzen

Die Attacke löste weltweit Entsetzen aus. «Diese Gewalttat ist entsetzlich», sagte der nationale Sicherheitsberater Jack Sullivan laut Mitteilung des Weißen Hauses. UN-Generalsekretär António Guterres reagierte ebenfalls mit Entsetzen auf den Angriff. Der US-Senator und Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, schrieb auf Twitter, die Tat sei ein «Angriff auf die Rede- und Gedankenfreiheit». Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb, Rushdie sei von «Hass und Barbarei» getroffen worden. Der deutsche Schriftsteller Günter Wallraff, der Rushdie 1993 in seinem Haus in Köln-Ehrenfeld versteckt hatte, sagte, die Nachricht sei «natürlich ein Schlag für mich» gewesen.

Polizei vor der Chautauqua Institution.  | Foto: Joshua Goodman/AP/dpa
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Hochburg der schiitischen Hisbollah-Organisation

Die Familie des Angreifers soll einem lokalen Bürgermeister zufolge aus dem Süden des Libanon stammen. Die Eltern kämen aus dem Ort Jarun, der 24-Jährige selbst habe den Libanon aber seines Wissens nie besucht, sagte der Bürgermeister des Ortes, Ali Kassim Tahfa, der Deutschen Presse-Agentur. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür zunächst nicht. Der Süden des Libanon ist eine Hochburg der schiitischen Hisbollah-Organisation, die eng mit dem ebenfalls schiitischen Iran verbündet ist.

Vor wenigen Tagen noch hatte Rushdie dem Magazin «Stern» gesagt, dass er sich in den USA sicher fühle. «Das ist lange her», sagte Rushdie im Interview mit Korrespondent Raphael Geiger Ende Juli auf die Frage, ob er noch immer um sein Leben bange. «Für einige Jahre war es ernst», sagte Rushdie weiter. «Aber seit ich in Amerika lebe, hatte ich keine Probleme mehr.» Der Autor habe dabei aber auch vor dem politischen Klima und möglicher Gewalt in den USA gewarnt: Das Schlimme sei, «dass Morddrohungen alltäglich geworden sind».

Jahre des Versteckens

Auch nach Angaben seines Verlags aus dem vergangenen Jahr hätte die Fatwa für Rushdie inzwischen längst keine Bedeutung mehr. Er sei nicht mehr eingeschränkt in seiner Bewegungsfreiheit und brauche auch keine Bodyguards mehr. Die Jahre des Versteckens gingen jedoch nicht spurlos an ihm vorüber. Er verarbeitete diese Zeit in der nach seinem Alias benannten Autobiografie «Joseph Anton» aus dem Jahr 2012.

Geboren wurde Rushdie im Jahr der indischen Unabhängigkeit 1947 in der Metropole Mumbai (damals Bombay). Er studierte später Geschichte am King's College in Cambridge. Seinen Durchbruch als Autor hatte er mit dem Buch «Mitternachtskinder» («Midnight's Children»), das 1981 mit dem renommierten Booker Prize ausgezeichnet wurde. Er erzählt darin die Geschichte von der Loslösung Indiens vom Britischen Empire anhand der Lebensgeschichte von Protagonisten, die genau zur Stunde der Unabhängigkeit geboren werden und mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattet sind.

Rushdie veröffentlichte mehr als zwei Dutzend Romane, Sachbücher und andere Schriften. Sein Stil wird als Magischer Realismus bezeichnet, in dem sich realistische mit fantastischen Ereignissen verweben.

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CHAUTAUQUA (dpa) - Der vor mehr als 30 Jahren per Fatwa zum Tode verurteilte Schriftsteller Salman Rushdie ist bei einem Auftritt im US-Bundesstaat New York angegriffen und am Hals verletzt worden. Ein Mann sei in der Veranstaltungshalle im Ort Chautauqua am Vormittag «auf die Bühne gerannt» und habe Rushdie und einen Interviewer angegriffen, teilte die New Yorker Polizei mit.

Nach Angaben der New Yorker Gouverneurin Kathy Hochul hat das Eingreifen eines Polizisten Rushdie das Leben gerettet. «Und ich möchte die Staatspolizei loben, es war ein staatlicher Polizist, der aufstand und sein (Rushdies) Leben rettete, ihn beschützte», sagte Hochul in der Stadt Buffalo. Rushdie sei am Leben und bekomme in einem örtlichen Krankenhaus die Hilfe, die er benötige.

Wegen Rushdies Werks «Die satanischen Verse» («Satanic Verses») aus dem Jahr 1988 hatte der damalige iranische Revolutionsführer Ajatollah Khomeini eine Fatwa veröffentlicht, die zur Tötung des Autors aufforderte. Einige Muslime fühlten sich durch das Werk in ihrem religiösen Empfinden verletzt.

Der Täter wurde festgenommen

Der Täter sei nach dem Angriff am Freitag noch in der Halle festgenommen worden, hieß es von der Polizei. Die «New York Times» zitierte eine Zeugin: «Es gab nur einen Angreifer. Er war schwarz gekleidet. Er hatte ein loses schwarzes Kleidungsstück an. Er rannte blitzschnell auf ihn zu.» Ein Reporter der US-Nachrichtenagentur Associated Press berichtete, der Angreifer habe 10 bis 15 mal auf Rushdie eingeschlagen oder gestochen.

Genauso wie zu Rushdies Gesundheitszustand gab es zunächst auch keine Details zu den Hintergründen der Tat. Ob diese im Zusammenhang mit der jahrzehntealten Fatwa steht, blieb zunächst offen.

Das islamische Rechtsgutachten des Ajatollahs rief damals nicht nur zur Tötung Rushdies auf, sondern auch all derer, die an der Verbreitung des Buches beteiligt waren. Ein japanischer Übersetzer wurde später tatsächlich getötet. Rushdie musste untertauchen, erhielt Polizeischutz.

Nach Angaben seines Verlags aus dem vergangenen Jahr hätte die Fatwa für Rushdie inzwischen aber längst keine Bedeutung mehr. Er sei nicht mehr eingeschränkt in seiner Bewegungsfreiheit und brauche auch keine Bodyguards mehr. Die Jahre des Versteckens gingen jedoch nicht spurlos an ihm vorüber. Er verarbeitete diese Zeit in der nach seinem Aliasnamen benannten Autobiografie «Joseph Anton» aus dem Jahr 2012.

Entsetzen über die Tat

Die Tat löste weltweit Entsetzen aus. Die New Yorker Gouverneurin Kathy Hochul bezeichnete den Angriff auf Rushdie als «schreckliches Ereignis» und schrieb auf Twitter: «Unsere Gedanken sind nach diesem schrecklichen Ereignis bei Salman und seinen Lieben.» Auch die britische Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling drückte ihre Bestürzung aus und schrieb, sie hoffe, es gehe Rushdie gut.

Geboren wurde der Autor im Jahr der indischen Unabhängigkeit 1947 in der Metropole Mumbai (damals Bombay). Er studierte später Geschichte am King's College in Cambridge. Seinen Durchbruch als Autor hatte er mit dem Buch «Mitternachtskinder» («Midnight's Children»), das 1981 mit dem renommierten Booker Prize ausgezeichnet wurde. Er erzählt darin die Geschichte von der Loslösung Indiens vom Britischen Empire anhand der Lebensgeschichte von Protagonisten, die genau zur Stunde der Unabhängigkeit geboren werden und mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattet sind.

Die Wahrheit in Gefahr

Insgesamt veröffentlichte Rushdie mehr als zwei Dutzend Romane, Sachbücher und andere Schriften. Rushdies Stil wird als Magischer Realismus bezeichnet, in dem sich realistische mit fantastischen Ereignissen verweben. Dennoch sieht er sich unbedingt der Wahrheit verpflichtet. Diese sieht er zunehmend in Gefahr, was auch im Zentrum seiner jüngsten Veröffentlichung von Essays steht, die in Deutschland unter dem Titel «Sprachen der Wahrheit» herauskamen.

Der seit vielen Jahren in New York lebende Schriftsteller stemmt sich darin gegen Trumpisten und Corona-Leugner. «Die Wahrheit ist ein Kampf, das ist keine Frage. Und vielleicht noch nie so sehr wie jetzt», sagte er in einem Interview des US-Senders PBS im vergangenen Jahr.

Von Benno Schwinghammer, Christoph Meyer und Larissa Schwedes, dpa

Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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