3G-Regel am Arbeitsplatz ++ Booster-Impfungen
Bundestag beschließt neue Corona-Auflagen

Im Bundestag wird über den weiteren Kurs in der Corona-Pandemie diskutiert.  | Foto:  Kay Nietfeld/dpa
  • Im Bundestag wird über den weiteren Kurs in der Corona-Pandemie diskutiert.
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BERLIN (dpa) - Angesichts dramatischer Expertenwarnungen vor einer immer bedrohlicheren Corona-Welle ringen Bund und Länder um schnelle zusätzliche Krisenmaßnahmen.

Der Bundestag beschloss am Donnerstag von SPD, Grünen und FDP vorgelegte Neuregelungen, die unter anderem 3G-Vorgaben am Arbeitsplatz, in Bussen und Bahnen bringen sollen. Die Umsetzung ist aber fraglich, da die Union unzureichende Möglichkeiten für die Länder anprangerte und mit Ablehnung im Bundesrat an diesem Freitag drohte. Die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten berieten am Nachmittag erneut über den Kurs. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt zügig angestrebte Auffrischungsimpfungen nun doch auf breiter Front.

Die Corona-Ausbreitung beschleunigte sich weiter rasant. «Wir laufen momentan in eine ernste Notlage. Wir werden wirklich ein sehr schlimmes Weihnachtsfest haben, wenn wir jetzt nicht gegensteuern», warnte der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, bei einer Debatte mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) am Mittwochabend. Bundesweit überschritten die an einem Tag gemeldeten Neuinfektionen laut RKI nun erstmals die Marke von 65.000. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen stieg auf den Höchststand von 336,9 - nach 249,1 vor einer Woche. In Sachsen liegt die Sieben-Tage-Inzidenz über 760, in Bayern über 600.

Scharfer Schlagabtausch

Im Bundestag stimmten nach scharfem Schlagabtausch vor allem zwischen den Ampel-Fraktionen und der Union 398 Abgeordnete für die neuen Corona-Maßnahmem - 254 votierten mit Nein, 36 enthielten sich. Die voraussichtlichen Regierungspartner SPD, Grüne und FDP wollen die bisher vom Bundestag festgestellte «Epidemische Lage von nationaler Tragweite» am 25. November als Rechtsgrundlage für Corona-Maßnahmen auslaufen lassen. Auf neuer Rechtsbasis sollen kommen unter anderem Zugangsregeln nur für Geimpfte, Genesene und Getestete (3G) am Arbeitsplatz und in Verkehrsmitteln. Für Pflegeheime und Kliniken sollen Testpflichten für Beschäftigte und Besucher verankert werden.

Die Länder sollen zudem - auf Landtagsbeschluss hin - auch weiterhin harte Maßnahmen ergreifen können, etwa Einschränkungen und Verbote von Veranstaltungen. Ausgeschlossen sein sollen künftig jedoch etwa Ausgangsbeschränkungen, pauschale Schließungen von Schulen und Geschäften oder Verbote touristischer Reisen. Falls Länder aber noch nach der bisherigen Rechtslage solche tiefgreifenderen Maßnahmen anordnen, könnten diese bis 15. Dezember in Kraft bleiben.

Mehr Handlungsspielraum für die Länder

Die SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar sagte: «Wir reagieren mit notwendigen und rechtssicheren Maßnahmen auf die sehr schwierige Corona-Lage.» Die Länder bekämen mehr Handlungsmöglichkeiten als mit geltender Rechtslage. Dazu gehöre weiter, dass Gesundheitsämter bei Ausbrüchen einzelne Schließungen anordnen könnten. Der FDP-Politiker Marco Buschmann sagte, das Paket sei erweitert worden und gehe bis zu Kontaktbeschränkungen. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte, die von der Union eingeklagte Rechtslage bestehe ja. Härtere Maßnahmen seien aber von vielen Ländern nicht umgesetzt worden.

Unionsfraktionsvize Stephan Stracke (CSU) monierte, die Ampel-Pläne würden der Dramatik der Lage nicht gerecht. Der Maßnahmenkatalog werde mit Auslaufen der epidemischen Lage verkürzt. «Das kann nicht gut gehen.» Der CDU-Rechtsexperte Jan-Marco Luczak (CDU) sagte mit Blick auf einen möglichen Stopp der Pläne im Bundesrat, die Union sei zu einer Sondersitzung des Bundestags kommende Woche bereit, sollte der Vermittlungsausschuss eingesetzt werden. Die unionsregierten Länder haben bereits mit einer Ablehnung im Bundesrat gedroht. Kritik an den Ampel-Plänen kam auch von AfD und Linken im Bundestag.

Viele Punkte noch offen

Vor der für den Nachmittag angesetzten Bund-Länder-Runde mit Merkel und dem amtierenden Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) waren zunächst noch viele entscheidende Punkte offen. Zu den Streitthemen gehörte ein von Merkel eingeforderter Schwellenwert der Klinikbelastung mit Corona-Patienten, ab dem schärfere Beschränkungen greifen müssen. Gesprochen werden sollte auch über einheitliche Vorgaben für Zugangsregeln nur für Geimpfte und Genesene (2G) oder noch mit extra Test (2G plus).

Dringendes Thema von Bund und Ländern ist auch, schnell zu mehr Tempo bei Impfungen zu kommen. Im Blick als akutes Instrument zum Eindämmen der Corona-Welle stehen vor allem Verstärkungen («Booster») länger zurückliegender Impfungen. Das Bundesgesundheitsministerium schrieb in einem Bericht für die Corona-Beratungen, gemeinsames Ziel sollten 20 bis 25 Millionen Auffrischimpfungen bis zum Ende des Jahres sein. Dafür sollen neben den Praxen mehr öffentliche Angebote eingerichtet werden. Bisher haben 4,8 Millionen Menschen Auffrischungen bekommen.

Nach wochenlangen Diskussionen, wem diese angeboten werden sollen, weitete die Impfkommission, nach der sich viele Ärzte richten, ihre bisher eng gefasste Empfehlung massiv aus. Ab sofort empfehle sie «allen Personen ab 18 Jahren die Covid-19-Auffrischimpfung», teilte die Stiko mit. Auch ein flexiblerer Umgang mit dem Zeitabstand ist vorgesehen: Auffrischungen sollten in der Regel sechs Monate nach der letzten Dosis der Grundimmunisierung erfolgen. Eine Verkürzung auf fünf Monate sei im Einzelfall und bei genug Kapazitäten zu erwägen.

Ein Beschlussentwurf sei zur Abstimmung an Fachkreise und die Länder gegangen, daher seien Änderungen noch möglich, erklärte das Gremium. Es handelt sich noch nicht um eine finale Stiko-Empfehlung. Bislang empfiehlt sie Auffrischungen unter anderem für Menschen ab 70 Jahre, mit Immunschwäche, Pflegebedürftigen und Gesundheitspersonal.

Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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